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Landen verboten. Das Kreuz auf der neuen Bahn in Schönefeld soll Piloten signalisieren, dass die Piste nicht in Betrieb ist. Daran wird sich vorerst auch nichts ändern. Flughafen-Chef Rainer Schwarz (v. l. n. r) und die Vertreter des BER-Aufsichtsrats – Rainer Bomba (Bund),  Klaus Wowereit (Berlin) und Matthias Platzeck (Brandenburg) – müssen eine Lösung finden.

© dpa/Hannibal Hanschke & Jörg Carstensen

Brandenburg: Mit BER ist kein Start zu machen

Zum vierten Mal muss die Eröffnung des Flughafens wohl verschoben werden. Die Wirtschaft: entsetzt. Die Politik: verstummt. Die Kunden: ratlos

Schönefeld - Das Warten geht weiter – und auch die Geheimniskrämerei. Weder Fluggesellschaften noch Passagiere können sich auf einen Eröffnungstermin für den neuen Flughafen in Schönefeld einstellen. Sommer oder Herbst 2013 wird es nach Informationen dieser Zeitung wohl werden. Den genauen Tag wollen die Planer erst auf der übernächsten Sitzung des Aufsichtsrates am 14. September mitteilen. Bereits am morgigen Donnerstag tagt das Gremium. Und vorher tagt am heutigen Mittwoch bereits der BER-Projektausschuss zum Stand der Bauarbeiten – und den nach wie vor massiven Problemen im Terminal um alles, was mit Gebäudetechnik zu tun hat. Der neue technische Geschäftsführer der Flughafengesellschaft, Horst Amann, wird Bericht erstatten. Das Hauptproblem nach PNN-Informationen besteht darin, dass die Planungsunterlagen nach wie vor unvollständig sind und niemand genau weiß, wann und wie das Gesamtsystem in Gang kommen kann, wie es am Dienstag hieß.

Das ist der Hintergrund, warum Amann nicht wie geplant zur Aufsichtsratssitzung mitteilen wird, ob der bisherige Termin – der 17. März 2013 – noch zu halten sein könne. Amann überprüfe derzeit den Eröffnungstermin, sagte Flughafensprecher Ralf Kunkel. Derzeit gebe es keinen neuen Erkenntnisstand. Geplanter Eröffnungstermin sei weiter der 17. März. Die Lufthansa drängt darauf, endlich einen Termin zu erhalten, der dann auch eine Eröffnung mit der erforderlichen Qualität ermögliche, sagte Oliver Wagner, der für die Berlin-Planung des Konzerns zuständig ist. Air-Berlin-Sprecher Uwe Berlinghoff sagte am Dienstag nur, von einer erneuten Terminverschiebung wisse er nichts. Und zu Spekulationen wolle er sich nicht äußern. Die angeschlagene Fluggesellschaft muss ihr für den BER-Flughafen vorgesehenes Erweitungsprogramm in Tegel absolvieren, obwohl der Flughafen darauf nicht ausgerichtet war.

Die Sprecher der Länder wollten die Eröffnungsverschiebung nicht bestätigen, die im Apparat der brandenburgischen Landesregierung nach PNN-Informationen bereits Mitte voriger Woche als „sicher“ galt. Brandenburgs CDU-Opposition warnte bereits, dass mit der Verschiebung - und damit Mehrkosten - das Finanzierungskonzept für das Milliardenloch in der BER-Finanzierung, das der Aufsichtsrat am Donnerstag beraten will, „Makulatur“ ist, wie Vize-Fraktionschef Dieter Dombrowski sagte. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel erklärte, es pfiffen längst die Spatzen von den Dächern, dass der 17. März nicht zu halten sei. Das Ganze zeige wieder einmal, dass die Aufsichtsräte Klaus Wowereit und Matthias Platzeck den Überblick verloren haben.

Auch die Wirtschaft zeigt sich alarmiert über die erneute Verschiebung des Eröffnungstermins. Indirekt deutete die Industrie – und Handelskammer (IHK) an, dass sie personelle Konsequenzen erwartet. „Sollte sich die erneute Verzögerung bestätigen, erschüttert dies nochmals erheblich das Vertrauen gegenüber dem Vorsitzenden der Geschäftsführung. Inzwischen würde damit der Belastbarkeit von Zusagen durch Herrn Schwarz jegliche Grundlage entzogen“, sagte Berlins IHK-Präsident Eric Schweitzer dieser Zeitung. „Umso mehr ist es essenziell, dass der neue Termin, der von Herrn Amann zu benennen ist, auch eingehalten wird. Nur so erhalten die Gewerbetreibenden vor Ort und die Berliner Wirtschaft die dringend benötigte Planungssicherheit“, fügte er mit Blick auf den neuen Technik-Geschäftsführer hinzu. Insider rechnen damit, dass demnächst auch Schwarz gehen muss – mit einer hohen Abfindung.

Etwas zurückhaltender äußerte sich der Hauptgeschäftsführer der IHK Cottbus, Wolfgang Krüger, in dessen Kammerbezirk der Flughafen liegt. Dass der 17. März als Eröffnungstermin bereits vom Tisch sei, bezeichnete Krüger als Spekulation. „Wovon man allerdings ausgehen kann, ist, dass auf der kommenden Aufsichtsratssitzung der 17. März als Eröffnungstermin weder bestätigt noch ein neuer Termin genannt wird“, so Krüger. Für die Wirtschaft sei aber ein verlässliches Datum jetzt besonders wichtig. „Ein neuer Termin wäre die letzte Kugel im Colt.“ Und Martin Delius, der bisherigen Geschäftsführer der Berliner Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus und voraussichtlich Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zum Flughafen-Debakel, sieht einen weiteren Beleg, dass man „den bisher Verantwortlichen kein Wort mehr glauben kann“. Nötig sei „ein klarer Fahrplan, der am besten nicht von den bisher Verantwortlichen festgelegt wird“, fordert Delius. Der verkehrspolitische Sprecher der Linken und Ex-Wirtschaftssenator, Harald Wolf, verlangte eine sofortige und umfassende Information des Parlaments im Zuge der Aufsichtsratssitzung vom 16. August.

Auf der Sitzung des Aufsichtsrats am Donnerstag wird es nach PNN-Informationen auch noch keine Entscheidung geben, wie die derzeit ermittelten Mehrkosten in Höhe von 1,17 Milliarden Euro für den Flughafen-Ausbau aufgebracht werden sollen. Fast unter Dach und Fach ist ein kurzfristiger sogenannter Brückenkredit in Höhe von 430 Millionen Euro, der der Flughafengesellschaft die Zahlungsfähigkeit bis Ende 2013 sichern soll. Aktuell ist ihre Liqudität nur bis zum Jahresende gesichert. Dauerhaft müssen die Gesellschafter Berlin, Brandenburg und der Bund wohl das Eigenkapital der Flughafengesellschaft erhöhen. Vorgesorgt hat bisher nur Brandenburg, das 435 Millionen Euro in den Haushaltsentwurf 2013/14 eingestellt hat.

Spannend wird es auf der Sitzung beim Schallschutz für die Anwohner. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck will die vom Oberverwaltungsgericht gesetzten strengen Vorgaben auflockern und so mehrere Hundert Millionen Euro sparen. Im Gegenzug soll der Klarstellungsantrag zurückgezogen werden, mit dem der Flughafen den Lärmschutz verschlechtern und seine jahrelange rechtswidrige Billigpraxis legalisieren will.

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