zum Hauptinhalt
In der Potsdamer Filzaffäre um die Stadtwerke und verdeckte Finanzhilfen für den Fußball-Drittligisten SV Babelsberg 03 wächst der Druck auf Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD).

© Manfred Thomas

Stadtwerke-Affäre: Rathauschef im Visier

Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs gerät in der Stadtwerke-Affäre zunehmend unter Druck. Eine Rathaus-Kommission will jetzt neue Regeln für das Sponsoring von Vereinen aufstellen.

In der Potsdamer Filzaffäre um die Stadtwerke und verdeckte Finanzhilfen für den Fußball-Drittligisten SV Babelsberg 03 wächst der Druck auf Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), sich nach langem Zögern an die Spitze der Aufklärung zu stellen. Denn immer neue brisante Details werden bekannt. Wie Wirtschaftsprüfer herausfanden, hat Ex-Stadtwerkechef Peter Paffhausen nicht nur Geheimbürgschaften der Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP) ohne Wissen des Aufsichtsrates für den notorisch klammen Fußball-Drittligisten SV Babelsberg 03 veranlasst, sondern viel weitreichendere Geheimverträge mit dem Verein abgeschlossen. Intern ist von Darlehen die Rede, die Paffhausen dem Verein, in dem er bis vor kurzem Aufsichtsratschef war, zugeschanzt haben soll.

Eine Rathaus-Kommission will jetzt neue Regeln für das Sponsoring von Vereinen aufstellen, die bereits über ausbleibende Gelder klagen. Die Grünen forderten, Jakobs müsse seinen Bekenntnissen zur Transparenz jetzt Taten folgen lassen. Die Potsdamer CDU-Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche sprach von einem „politischen Super-GAU“, Jakobs habe den Stresstest in Sachen Informationspflicht und Korrektur nicht bestanden. Zugleich stellte Reiche Potsdams hohe Energiepreise in einen Zusammenhang mit dem „Füllhorn“ Stadtwerke, das sich „vor Wahlen über die Bürger ergießt“ – etwa durch Feste oder Geldzusagen für Vereine und Projekte. Die CDU-Fraktion im Landtag will durchleuchten lassen, was Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) in seiner Zeit als Potsdamer Oberbürgermeister bis 2002 von all dem wusste.

Anlass sind neue Hinweise in den EWP-Bilanzen der Jahre 2009 und 2010, auf die die Prüfer nach Bekanntwerden der Geheimbürgschaften für den SV Babelsberg gestoßen sind. Nun lässt die Stadt von einer renommierten Berliner Anwaltskanzlei in enger Absprache mit der Staatsanwaltschaft die strafrechtliche Relevanz und die Bilanzen der Vorjahre prüfen. Überprüft wird auch, ob der Aufhebungsvertrag mit Paffhausen in eine Kündigung geändert werden kann, womit der Ex-Stadtwerkechef seine Abfindung los wäre. Die soll sich auf eine Million Euro belaufen. In der Filzaffäre drohen auch dem Rathauschef juristische Konsequenzen. Die Staatsanwaltschaft prüft eine Strafanzeige. Bislang wird nur gegen Paffhausen wegen der Geheimbürgschaften für den SV Babelsberg 03 ermittelt.

Paffhausen war am 20. Mai als Stadtwerkechef zurückgetreten, als bekannt wurde, dass er 2001 eine städtische Wohnungsgesellschaft und deren Chef durch eine von Stasi-Offizieren geführte Sicherheitsfirma bespitzeln ließ. Der EWP-Auftrag war eine Million Euro wert, für die Verwendung von 500 000 Euro fehlt jeglicher Nachweis.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false