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Hotel Mercure.

© Andreas Klaer

Streit um Potsdans Stadtmitte: Die Mercure-Frage stellt sich

Hoteleigner Blackstone will das Mercure in Potsdams Mitte verkaufen. Will die Stadt Potsdams Mitte am Lustgarten gestalten, bleibt ihr nicht viel Zeit, um zu handeln

Die Stadt Potsdam gerät bei den Plänen für den Lustgarten unerwartet unter Zugzwang: Das Mercure-Hotel im Neuen Lustgarten steht unmittelbar vor dem Verkauf. Nach PNN-Informationen sind das Investmentbanking-Unternehmen Goldman Sachs und der Hotelvermarktungs-Spezialist Christie & Co. bereits seit Monaten dabei, das gesamte Portfolio der einstigen „Interhotel“-Kette zu verkaufen. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hatte in der Vorwoche im PNN-Interview angekündigt, im September Vorschläge für die Zukunft des Areals vorzulegen – schon das war eine Überraschung. Denn der Oberbürgermeister hatte angekündigt, das Sanierungsgebiet „Potsdamer Mitte“ auf das Mercure und den Lustgarten ausweiten zu wollen. Ziel: Bei einem eventuellen Verkauf des Hotelsgebäudes soll eine weitere Nutzung verhindert werden – das Haus soll „auf Abriss gestellt“ werden, um den Lustgarten künftig freihalten zu können. Doch nach PNN-Informationen könnte schon das zu spät sein. Denn kauft in den nächsten Wochen ein Investor das Gebäude, hat die Stadt auf das Gelände kein Durchgriffsrecht. Der neue Besitzer könnte den Bau entweder weiterbetreiben oder aber abreißen und ein neues Gebäude errichten – bis auf Schlosshöhe (drei Stockwerke) und zur Not auch mit Kaufhausarchitektur.

Der Mercure-Eigentümer ist die globale Investment-Gruppe Blackstone, die Ende 2006 die einstigen DDR-Luxushotels übernommen hatte. Wie das für die Blackstone Group tätige Kommunikationsbüro RLM Finsbury in London gegenüber den PNN erklärte, befinden sich die Verkaufsaktivitäten in der Endphase. „Ein Abschluss wird in den kommenden Monaten erwartet“, sagte Finsbury-Sprecher Andrew Dowler am Montag auf PNN-Anfrage. Mit der Stadt wird nach PNN-Informationen nicht verhandelt.

Voraussetzung für die Stadt, das skizzierte Zeitfenster von „einigen Monaten“ zu nutzen, wäre, dass das Mercure-Hotel als Einzelobjekt überhaupt zu haben ist – also aus dem Blackstone-Portfolio herausgelöst werden kann. Und auch dann bleibt es schwierig, einen Käufer zu finden und zu vermitteln, ein Haus für einen zweistelligen Millionen-Betrag zu erwerben, um es abzureißen und wiederum Geld für eine neue Bebauung in die Hand zu nehmen.

So konsequent der Hotel-Abriss als Antwort auf die neue städtebauliche Situation der Potsdamer Mitte mit wieder aufgebauten Stadtschloss wäre, so kostspielig und umstritten ist sie. So warnt etwa Potsdams Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg die öffentliche Hand wie den Kommunalen Immobilienservice (KIS) vor einem – wenn auch nur fiktiven – Engagement. Aufgabe der städtischen Immobilientöchter KIS und Pro Potsdam sei es, für preiswerten Wohnraum und stabile Mieten zu sorgen, weshalb sich eine Millionen-Investition im Lustgarten verbiete. Jakobs selbst hatte gegenüber den PNN erklärt, die Stadt selbst habe das Geld nicht. Die Rede ist von aktuell sechs bis 13 Millionen Euro. Der Abriss des Hauses wird noch einmal auf einen ähnlichen Kostenrahmen taxiert.

Auch private Geldgeber zu finden, dürfte schwierig sein. Software-Milliardär Hasso Plattner wäre ein potenter und idealistischer Investor für ein solches Unterfangen gewesen, doch fehlte ihm der geschlossene Rückhalt der Potsdamer, sodass er im Vorjahr seine Pläne aufgab, das Mercure zu kaufen, abzureißen und dort seine Kunsthalle zu errichten. Das Museum integriert er nun wenige Hundert Meter weiter ins Palais Barberini.

Für die Bürgerinitiative „Rettet den Lustgarten“ käme ein Abriss des Hotelhochhauses gerade recht. Für die Finanzierung hofft Sprecherin Monika Schulz-Fieguth auf einen oder mehrere Mäzene. „Auf Potsdam werden auch international mehr Leute aufmerksam“, so Schulz-Fieguth. Mit etwas Geduld könnte sich eine Chance ergeben. Ohne das Hotelhochhaus käme der Lustgarten seiner Rolle als Garten für alle Potsdamer näher, so Schulz-Fieguth. „Ich bin überzeugt, dass wir das noch erleben“, sagte sie.

Wenig Verständnis für die Diskussion um einen Mercure-Abriss hat hingegen Olaf Lücke, Geschäftsführer des Brandenburgischen Hotel- und Gaststättenverbandes. Solange kein Geld für den Kauf und den Abriss vorhanden sei, brauche die Stadt nicht darüber zu sprechen. Das verunsichere nur die Mitarbeiter und potenziellen Gäste. Ein Abriss des Mercure wäre für den Hotelstandort Potsdam ein in Spitzenzeiten problematischer Verlust, der nicht kurzfristig ausgeglichen werden könne, so Lücke.

Nach PNN-Informationen hat die Blackstone Group Goldman Sachs und Christie mit der Vermarktung des Hotel-Portfolios beauftragt, nachdem einige Objekte Zahlungsunfähigkeit erklären mussten. Auch die Betreibergesellschaft des Mercure-Hotel ist insolvent. Demnach bietet Blackstone die Hotels mit einem deutlichen Abschlag an: Der Kaufpreis vor sechs Jahren lag bei 720 Millionen Euro, der jetzt aufgerufene Preis soll bei 550 Millionen Euro liegen. Der bei der Vermarktung beteiligte Branchen-Experte Christie ist international als Beratungsunternehmen beim Kauf und Verkauf von Hotelimmobilien tätig. Im Frühjahr dieses Jahres hatten Christie und Goldman Sachs gemeinsam den Verkauf von 20 deutschen Holiday Inn und Best Western Hotels an die Fattal Group, eine Hotel-Managment-Gruppe aus Israel, perfekt gemacht.

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