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Landeshauptstadt: Planen nach dem Coup

Abris Lelbach, der gemeinsam mit Mäzen Hasso Plattner die neue Kunsthalle im Palast Barberini verwirklicht, ist erleichtert über das positive Votum der Stadtverordneten am Mittwochabend. Und steckt nun mitten in den Vorbereitungen

Woher die Zahlen stammen, die die Stadt Potsdam verkündet, kann er sich nicht erklären, aber Abris Lelbach hat an diesem Donnerstag auch keine Lust, nach Erklärungen für Bau- und Kunstwerte zu suchen – oder zu ergründen, ob sie stimmen können. Er freut sich und plant: das Kunstmuseum von Mäzen und Softwareunternehmer (SAP) Hasso Plattner im Palast Barberini, in seinem, Lelbachs Projekt. Ein Traumstandort an der Alten Fahrt in der alten Mitte, direkt am neuen/alten Landtagsschloss. Ein Coup für Potsdam. Ein Coup für ihn, den gebürtigen und geflohenen Donauschwaben – wohnhaft am Wannsee.

Seit dem späten Mittwochabend ist klar, dass das Museum, das Plattner im Vorjahr noch als modernen Bau an Stelle des Mercure-Hotels plante, dann an den Jungfernsee setzen wollte, in den Palast Barberini ziehen darf. Die Stadteverordneten stimmten zu.

Eigentlich wollte Lelbach in dem originalgetreu aufzubauenden Palast ein Hotel- und Wohnhaus bauen. Geworden ist daraus: Plattners Kunstmuseum für Plattners Kunst und Wechselausstellungen von internationalem Rang.

Kunst im Wert von 500 Millionen Euro werde darin zu sehen sein, hatte Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) am Mittwochabend in der Stadtbverordnetenversammlung gesagt. Und keiner weiß so recht, woher die Zahlen stammen. „Wir wissen ja noch nicht einmal, welche Ausstellungen alle gezeigt werden und mit welchen Partnern“, sagt Lelbach. Plattner sagt seit Wochen gar nichts. Jedenfalls nicht mehr zu Journalisten. Klipp sagte weiter, allein die Kunst, die ausgestellt werden soll, habe einen Schätzwert von derzeit einer halben Milliarde Euro. Lelbach winkt ab. Die Betriebskosten für das Museum, die Plattners Stiftung trägt, belaufen sich laut Klipp für den Palast Barberini jährlich auf etwa zehn Millionen Euro. Die Investitionskosten für den Museumsbau sollen sich laut Stadt auf etwa 60 Millionen Euro belaufen. Lelbach sagt, er kenne diese Zahlen nicht. Ihm sei schleierhaft, woher sie kommen. Er wolle sich damit auch nicht beschäftigen. „Die Zeit ist knapp, im Herbst muss die Baugrube an der Alten Fahrt ausgehoben werden.“ Und er nennt eine Zahl: 7. „Wir müssen sieben Meter tief in die Erde für das Fundament.“

Wie es oben aussehen werde – eine Frage, die die Potsdamer derzeit mehr interessiert? Das wisse man im Herbst, sagt Lelbach. „Wir wollen weg davon, dass in Potsdam immer erst öffentlich Dinge diskutiert werden, bevor es vorzeigbare Ergebnisse gibt. Wir haben genug zu tun. Wenn wir das erledigt haben, die Verwaltung das kennt, dann geht es an die Öffentlichkeit.“

Bisher nur so viel: 4000 Quadratmeter Ausstellungsfläche; 1000 davon für Plattners für Potsdam angelegte Sammlung ostdeutscher Kunst der vergangenen 60 Jahre (siehe Kasten) – die kommt in eine der drei Etagen in einen der Seitenflügel. Der große Rest ist in Planung: reserviert für Wechselausstellungen, die Plattner mit anderen Sammlern und Museen organisieren will. Der Anfang: Eine Schau mit französischen Im- und Expressionisten. Plattner sammelt das. Aber es wird, heißt es, nicht seine Sammlung sein, die gezeigt werden soll. Oder nicht nur. Der Rest: Spekulation. 

Ein Café wird es auf jeden Fall geben, zum Alten Markt hin. Vielleicht auch mit Flächen nach draußen, vielleicht auch einen Café-Pavillon nach hinten zur Havel; Lelbach weiß es noch nicht. Geplant sei aber ein von der „Hasso-Plattner-Förderstiftung“ eingerichteten museumspädagogischen Teil für Kinder und Jugendliche.

Lelbach, dessen Anlagenbau-Firma weltweit 2500 Mitarbeiter beschäftigt, hat eine andere Botschaft an diesem Tag: „Ich freue mich, dass es gelungen ist, dass in Potsdam alle an einem Strang gezogen haben und dass es eine so große Zustimmung zu dem Vorhaben über alle Parteigrenzen hinweg gibt.“ Er betont es so, wie es aus seiner Sicht in dieser ganz besonderen Stadt betont werden muss: als Außergewöhnliches – als habe Sanftmut Einzug gehalten in die Stadtpolitik, um ein wichtiges, ein wertvolles Projekt nicht wieder mit Streit zu zerdeppern. Und irgendwie schaut auch die Stadtpolitik so auf sich selbst: Man hat Pläne geändert, sogar dass ein Weg direkt durch den Palast Barberini wegen der Sicherheitsmaßnahmen und die Klimatechnik für ein Museum nicht mehr möglich ist. Stattdessen soll ein Umweg von 30 Metern über ein anderes Grundstück zur Havel eingerichtet werden, indem die Bebauung der Brauerstraße 7 nicht bebaut werden soll. Ein Kompromiss - vorgeschlagen ausgerechnet von der Linken; von Hans-Jürgen Scharfenberg, dem Mann, dem Plattner einst das Scheitern seiner Musumspläne am Mercure mitanlastete. Dichtgehalten habe Scharfenberg, der über Wochen eingeweiht und teils auch eingebunden war in die Geheimverhandlungen zum Verkauf der Brauerstraße.

Am Abend der Abstimmung klang das bei Scharfenberg so: Es herrsche eine besondere Situation, die besondere Wege nötig mache. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) warb: „Wir haben die einmalige Chance, in kultureller Hinsicht nicht in der dritten Liga, sondern gleich in der Champions League zu spielen.“ Er erinnerte auch an die Ereignisse vor einem Jahr, als Plattner seine Pläne für eine Kunsthalle anstelle des Hotel Mercure nach einer heftigen Debatte entnervt aufgegeben hatte: „Wenn jemand trotz schwieriger Diskussionen weiter bereit ist, so viel Geld zu investieren, dann sollte man dem mit Respekt begegnen.“ Sicher könne man über viele Details diskutieren. „Doch was sind die Details gegen das, was wir gewinnen? Man sollte durch kleinteilige Diskussionen nicht das große Ganze aus den Augen verlieren.“

Um 21.43 Uhr hatten die Stadtverordneten am Mittwoch die nötigen Änderung des Bebauungsplans beschlossen – bei nur vier Enthaltungen. Ohne Gegenstimme. Und um 22.11 Uhr dem Verkauf der Grundstücke für den Tiefgaregenersatz in der Brauerstraße. Auch das: einmütig.

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