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(Symbolbild)

© Ottmar Winter/ PNN

Rechtsextreme Gesinnung? : Wer für die AfD in Potsdam antritt

Die Potsdamer AfD hat ihre Kandidaten für die Kommunalwahl aufgestellt. Darunter ist ein Anwalt, der auch schon die Identitäre Bewegung vertreten hat.

Ein auf rechtsextremes Klientel spezialisierter Anwalt, mehreren Landtagsreferenten und ein Feuerwehr-Mannequin gehören zu den Kandidatinnen und Kandidaten, mit denen die Potsdamer AfD bei der Kommunalwahl im Juni punkten will. Die Namen der 17 Personen gab der AfD-Kreisvorstand jetzt bekannt. Anders als bei anderen Parteien fand die zuvor nötige Wahlversammlung ohne Einladung an die lokale Presse statt, Bilder zur Veröffentlichung lagen nicht vor.

Die Brandenburger AfD wird bekanntermaßen vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft. Das zeigt sich auch bei manchen Kandidaten: Im Wahlkreis 4 – Babelsberg und Zentrum-Ost – tritt der Gerhard Vierfuß an. Der lange Jahre in Niedersachsen tätige Anwalt hat bereits die durch den Österreicher Martin Sellner bekannt gewordene rechtsextremistische „Identitäre Bewegung“ (IB) einige Jahre vor Gericht vertreten. Zum Beispiel bei einem erfolglosen Versuch vor dem Verwaltungsgericht Köln, als die IB erreichen wollte, dass sie das Bundesamt für Verfassungsschutz nicht mehr als rechtsextrem einstufen sollte.

Via Twitter nannte Vierfuß erst vor wenigen Wochen Sellner, dem im Zuge der Enthüllungen rund um das sogenannte Geheimtreffen im Potsdamer Landhaus Adlon ein Einreiseverbot für Deutschland droht, einen „wunderbaren Menschen, Europäer und Patrioten“. Sellner hatte seine Thesen der Remigration in Potsdam vorgestellt. Wenn Neonazis den Begriff verwenden, meinen sie für gewöhnlich die millionenfache Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund.

Angesprochen auf die Tätigkeit von Vierfuß für die Identitäre Bewegung sagte AfD-Kreisvize Tim Krause, der die Mitteilung zur Kommunalwahl versendet hatte: „Ich selbst wusste davon nichts. Aber jeder hat im Rechtsstaat das Recht auf anwaltliche Vertretung.“ Die Identitäre Bewegung steht jedoch auf der sogenannten Unvereinbarkeitsliste der AfD.

AfD-Verteter im April 2023 – bei einem Protest gegen Sonderbauten für Flüchtlinge in Golm. Zu sehen ist links Alexander Tassis, im Vordergrund Fraktionschef Chaled-Uwe Said.
AfD-Verteter im April 2023 – bei einem Protest gegen Sonderbauten für Flüchtlinge in Golm. Zu sehen ist links Alexander Tassis, im Vordergrund Fraktionschef Chaled-Uwe Said.

© Ottmar Winter/ PNN

Zu den Spitzenkandidaten in Potsdam gehört im Wahlkreis im Potsdamer Norden auch Alexander Tassis, der 2015 als erster offen homosexueller Landtagsabgeordneter der AfD in die Bremer Bürgerschaft gewählt wurde – und nach seinem Umzug nun Schriftführer bei der AfD Potsdam ist.

Schlagzeilen machte er in Bremen unter anderem mit einem Eklat, als er Angela Merkel mit Adolf Hitler und Walter Ulbricht verglich. Merkel gehe mit Hitler und Ulbricht in die Geschichte als eine der drei großen Schadensbringer zwischen 1933 und 2033 ein, so seine via Facebook veröffentliche Position von 2016.

Bemerkenswert auch: Gleich vier Referenten der AfD-Landtagsfraktion sind als Kandidaten aufgestellt. Neben Tassis, der dort für den Bereich Verkehr zuständig ist, sind das Kevin Seidle, Jan-Hendrik Klaps und der besagte Anwalt Vierfuß.

In den Wahlkampf zieht auch Vize-Kreischef Krause, der frühere Oberbürgermeisterkandidat für Potsdam. Er wird Spitzenkandidat im Kommunalwahlkreis Waldstadt-Schlaatz und zugleich auch Kandidat seiner Partei für den Innenstadt-Wahlkreis zur Landtagswahl im September. Laut seinen Angaben ist er inzwischen als Unternehmer tätig, zugleich ist er Pressesprecher der AfD-Fraktion im Landtag.

Im vergangenen Sommer hatte er Schlagzeilen nach einem Urteil wegen Steuerhinterziehung gemacht. Krause hatte auch am besagten Adlon-Treffen teilgenommen – als „Privatperson“, wie er betonte. Konsequenzen in der Partei hatte das nicht.

AfD-Kreisvizechef Tim Krause (li.).
AfD-Kreisvizechef Tim Krause (li.).

© Ottmar Winter PNN

In den Landtag zieht es auch den AfD-Stadtfraktionschef Chaled Uwe-Said, der im Wahlkreis 22 im Potsdamer Süden unter anderem gegen SPD-Landtagsfraktionschef Daniel Keller antritt. Zur Kommunalwahl wiederum will er Stimmen in den Stadtteilen Stern / Drewitz / Kirchsteigfeld holen. Seine Partei weist ihn als Diplom-Verwaltungswissenschaftler aus, aktuell arbeitet er als Ausbilder bei der Potsdamer GFU GmbH, einem deutschlandweit aktiven Unternehmen auf dem Spezialgebiet der Gasmesstechnik.

Er gilt als Leugner des menschengemachten Klimawandels und hatte sich im Stadtparlament mehrfach abfällig über Flüchtlinge geäußert. So sprach er in der Sitzung am 8. Mai 2023 von „Flüchtlingsnomaden“ und warf Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) „fehlenden Remigrationswillen“ vor.

Said will im Potsdamer Süden punkten

Vor allem auf Said ruhen die Hoffnungen der Partei, wie der Potsdamer Kreischef und Bundesvorstandsmitglied Dennis Hohloch deutlich machte, der selbst in Eisenhüttenstadt zur Landtagswahl kandidiert. Hohloch teilte mit: „Ich bin mir sicher, dass wir im Wahlkreis 22 der SPD das Landtagsmandat streitig machen werden.“ Krause und Said seien „starke und qualifizierte Landtags-Kandidaten“, die den Bürgern „nicht nur das Versagen der anderen Parteien vor Augen führen, sondern vor allem überzeugendere politische Angebote machen werden“.

Dennis Hohloch und AfD-Landtagsfraktionschef Hans-Christoph Berndt unterhalten sich bei einer Sitzung des Landtages Brandenburg.
Dennis Hohloch und AfD-Landtagsfraktionschef Hans-Christoph Berndt unterhalten sich bei einer Sitzung des Landtages Brandenburg.

© dpa/Jens Kalaene

Aus der öffentlichen Verwaltung kommt ein weiterer AfD-Kandidat für das Stadtparlament: der Landwirt Stefan Kreitschmann, der im Brandenburgischen Landesamt für ländliche Entwicklung im Referat für Agrarökonomie tätig ist. Diese Behörde ist dem Umweltministerium von Axel Vogel (Grüne) unterstellt. AfD-Kandidat ist ebenso Peter Schmitt, laut Krause ein Spezialist für Nanomaterialien und Einzelmolekülmagnete für Quantencomputer.

Auch drei Frauen treten für die AfD in Potsdam an. Neben der Klinikärztin Alexandra Hoffmann in der Innenstadt und der Abgeordneten-Büroleiterin Caroline Ladek am Schlaatz will die in Fahrland tätige Tattoo-Künstlerin Corinna Carriere im Norden punkten. Schlagzeilen hat sie bisher nicht in der Politik gemacht: 2022 hatte sie sich für einen bundesweit erhältlichen Feuerwehrfrauen-Kalender in Lack und Leder ablichten lassen, wie damals die „Märkische Allgemeine“ berichtete. Ladek ist heute Büroleiterin eines AfD-Bundestagsabgeordneten.

Blieben häufiger unbesetzt: Die Tische der AfD-Fraktion im Stadtparlament.
Blieben häufiger unbesetzt: Die Tische der AfD-Fraktion im Stadtparlament.

© Ottmar Winter PNN

Bei der jüngsten Kommunalwahl 2019 hatte die AfD mit damals elf Kandidaten 9,4 Prozent geholt, was fünf Sitze in der Stadtverordnetenversammlung bedeutete. Allerdings war die Fluktuation in der Fraktion derartig groß, dass nach mehreren Austritten keine Nachrücker mehr zur Verfügung standen. So schrumpfte die Fraktion bis Anfang 2022 auf noch drei Mitglieder – die häufiger nicht vollzählig anwesend sind.

Auf die Frage, wie die AfD vermeiden wolle, noch einmal auf diese Art eigene Sitze in der Stadtverordnetenversammlung zu verlieren, antwortete Krause: „Die gewählten Kandidaten arbeiten schon seit längerer Zeit in der Partei professionell und kollegial zusammen und werden eine starke und stabile SVV-Fraktion bilden.“

Das Ziel für die Wahl umriss Krause so: „Wir streben rund 15 Prozent der Stimmen an, was etwa acht bis neun Stadtverordneten entspräche.“ Die eigenen politischen Ziele für Potsdam wolle die Partei unter dem Titel „Heimatprogramm“ noch vorstellen, sagte Krause: „Es bildet alle gesellschaftlichen Realitäten in Potsdam ab und bietet für alle relevanten Problemlagen politische Lösungsangebote.“

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