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Neuer Eigentümer gesucht: Die vor 120 Jahren errichtete Villa Baumgart in der Nauener Vorstadt von Potsdam soll verkauft werden.

© PNN,Tsp / Andreas Klaer

Villa Baumgart wird verkauft: Noch ein Promi-Restaurant für Potsdam?

Seit vielen Jahren steht das markante Gebäude leer. Der chinesische Eigentümer will das Haus in der Nauener Vorstand jetzt verkaufen.

Nach einem Vierteljahrhundert Leerstand könnte in eine geschichtsträchtige Villa in der Potsdamer Innenstadt endlich wieder neues Leben einziehen. Der chinesische Unternehmer, der die Villa Baumgart in der Friedrich-Ebert-Sraße 67 vor rund zehn Jahren von der städtischen Pro Potsdam GmbH für 1,8 Millionen Euro gekauft hatte, will das markante Gebäude jetzt gewinnbringend weiterveräußern. Die Makler von Locals Immobilien bieten die Villa für zunächst neun Millionen Euro an. Der Eigentümer hatte sogar einen zweistelligen Millionenbetrag angestrebt, so Locals-Geschäftsführer Sebastian Schöneburg.

Fünf Millionen Euro seien in den vergangenen Jahren in den Erhalt des Baudenkmals geflossen. Damit habe der Eigentümer Auflagen des Denkmalschutzes umgesetzt. Für allein jeweils 250.000 Euro seien vier dekorative Buntglasfenster im Salon restauriert worden, berichtet der Makler. Außerdem seien Tapeten, Holzkassettendecken und Stuckelemente aufgearbeitet worden.

Salon mit Kamin, Kassettendecke und Originaltapeten

Seit 1997 steht die markante Villa überwiegend leer, ein Hausverwalter lebt unterm Dach. Wiederholt gingen Besucher am Tag des offenen Denkmals durch die repräsentativ gestalteten Räume. Zu bestaunen gibt es die nahezu komplett erhaltene feudale Ausstattung. Die hohe Eingangshalle wird geprägt von zwei Marmorsäulen mit vergoldeten Kapitellen, einem großen Kamin, drei langen Fenstern, Buntglas an der Rückwand zur Garderobe, einer großen Holztreppe und Emporen im Obergeschoss mit geschnitzten Brüstungen.

Die markante Eingangshalle mit der Treppe zu den Wohnräumen im Obergeschoss. Ins Dachgeschoss der Villa führt allein die Dienstbotentreppe.
Die markante Eingangshalle mit der Treppe zu den Wohnräumen im Obergeschoss. Ins Dachgeschoss der Villa führt allein die Dienstbotentreppe.

© PNN,Tsp / Andreas Klaer

Mittelpunkt der Wohnräume ist ein Salon mit einem riesigen, grün gekachelten Kamin, Holzsäulen und Fenstern zum Garten. Über den halbhohen Holzvertäfelungen sind noch reich bebilderte Originaltapeten zu bestaunen. Die Holzkassettendecke korrespondiert mit dem Intarsienparkett. Eine Doppelschiebetür mit Spiegelglas und wuchtigem Türaufsatz führt ins Nebenzimmer mit Klavier. Von dort geht es weiter in den großen Wintergarten, in dem viele Bleiglasfenster erhalten sind. An der Straßenfront liegen drei miteinander verbundene, unterschiedlich ausgestattete Räume. Eine Verbindungstür zeigt auf einer Seite neoklassizistische Formen, auf der anderen barocke Elemente. Die Stuckdecken zieren Rosen oder Sonnenblumen, ein Erker zur Friedrich-Ebert-Straße sorgt für viel Licht im mittleren Raum.

Blick vom Garten auf die rekonstruierte Terrasse der Villa Baumgart.
Blick vom Garten auf die rekonstruierte Terrasse der Villa Baumgart.

© PNN,Tsp / Andreas Klaer

Alle Räume sind auch über versteckte Türen erreichbar, die einst von den Bediensteten genutzt wurden. Für sie gab es auch einen eigenen Treppenaufgang. Das Personal wohnte in den sieben Zimmern im Dachgeschoss. Die früheren Privaträume im ersten Obergeschoss sind ebenfalls nahezu komplett im Ursprungszustand erhalten: mit Parkett, Holzvertäfelungen, Stuck, Tapeten, Fenstern, Türen und Beschlägen. Dazu gehört ein Balkon, der sich auf dem Wintergarten befindet und der einen schönen Blick in den Garten bietet. Das Badezimmer ist im Jugendstil eingerichtet: hellgrüne Fliesen mit einer Bordüre aus leuchtendem Klatschmohn. Auch die Toilette im Erdgeschoss verfügt noch über Jugendstilfliesen und ein großes Buntglasfenster.

1932
endete die Nutzung der Villa als repräsentatives Wohnhaus.

Die große Terrasse wurde vom jetzigen Eigentümer wieder aufgebaut. „Dieser Bereich war komplett eingestürzt“, sagt Sebastian Schöneburg. Zwei geschwungene Treppen führen um ein kleines Bassin herum, in dem sich früher wahrscheinlich eine Fontäne befand, in den Garten. Von dessen ursprünglicher Gestaltung blieb wenig erhalten. Immerhin ist noch alter Baumbestand vorhanden, geprägt von einer riesigen Blutbuche und einem Baumkreis aus sechs Eichen im Zentrum. Ein besonderer Clou befindet sich im hinteren Teil des ebenfalls denkmalgeschützten Gartens: eine Grotte mit Kamin und in den Stein eingelassener Bank. Auf dieser engen Höhle befindet sich ein Grillplatz mit Blick über die Gartenmauer hinweg auf die Kolonie Alexandrowka. Von außen sichtbar ist der schief stehende Schornstein des Kamins.

Die Gauführung der Hitlerjugend bezog 1933 die Villa

Die vielen Türen und Treppen in der Villa Baumgart zeugen von einer aufwändigen Planung des Hauses, für das ein barocker Vorgängerbau von 1765 überbaut wurde. Erhalten sind von diesem Haus, in dem königliche Kammerdiener, verschiedene Kaufleute, Gärtner und Adlige gelebt haben sollen, noch das weitläufige Kellergeschoss, Giebelwände und die stuckverzierte helle Straßenfassade. Die denkmalgeschützte Villa wurde 1903 durch den Hofmaurermeister Carl Partik für die Potsdamer Unternehmerin Marie Baumgart errichtet. Dazu wurden unterschiedliche Stile eingesetzt: Neobarock, Neoklassizismus und Jugendstil. Überall sind schmückende Details zu entdecken: Stuckaufsätze, Kerzenleuchter, geschliffenes Glas, Schnitzereien. „Hier wurden alle Handwerkskünste eingesetzt. Das ist einmalig“, schwärmt Sebastian Schöneburg.

Nach der Insolvenz von Marie Baumgarts Armaturenfirma, die sie vom Vater geerbt hatte, ging das Haus 1932 in den Besitz der Stadt Potsdam über und wurde ab 1933 bis 1945 als Sitz der Gauführung der Hitlerjugend genutzt. Nach dem Krieg war die Villa Baumgart Sitz des Deutschen Roten Kreuzes der DDR. Das DRK blieb bis in die Nachwendezeit. Seit 1997 steht das Gebäude leer. 2008 gab es Pläne einer Berliner Modefirma zur Unterbringung von Ateliers im Haus. Auch die Idee für ein Restaurant habe es schon gegeben, sagt Schöneburg. Platz für die Küche wäre in einer neu gebauten Remise.

Zum holzvertäfelten Salon gehört ein prachtvoller Kamin - eingerahmt von Holzsäulen, Schmuckfenstern und Tapeten.
Zum holzvertäfelten Salon gehört ein prachtvoller Kamin - eingerahmt von Holzsäulen, Schmuckfenstern und Tapeten.

© PNN,Tsp / Andreas Klaer

Zur Villa gehört ein 6000 Quadratmeter großes Grundstück, auf dem zwei Neubauten entstehen könnten. Die Garage könne durch eine Remise ersetzt werden, so Schöneburg. Im hinteren Bereich sei Platz für ein Haus mit zwei Wohnungen.

 Hier kann ein neues, glanzvolles Wahrzeichen für Potsdam entstehen.

Sebastian Schöneburg, Makler von Locals Immobilien

Der Makler kann sich eher eine gewerbliche Nutzung der Villa Baumgart vorstellen. Es habe sich bereits ein Potsdamer gemeldet, der gern ein Restaurant nach dem Vorbild der Villa Kellermann einrichten würde. „Der Standort in der Friedrich-Ebert-Straße ist viel besser für ein Restaurant“, ist Schöneburg überzeugt. Der Makler bezeichnet die Villa wegen ihres gut erhaltenen Originalzustandes als eines der wichtigsten Baudenkmale der Stadt. „Hier kann ein neues, glanzvolles Wahrzeichen für Potsdam entstehen.“ Denkbar wäre aus seiner Sicht auch ein exklusives Hotel. Der aktuelle Eigentümer hatte offenbar nie konkrete Pläne für die Villa Baumgart und ihre opulent ausgestatteten Räume, in denen lediglich einige alte Möbel abgestellt wurden. Die Holzrollläden blieben meist verschlossen.

2012 sollten durch den Verkauf 2,6 Millionen Euro eingespielt werden, doch ein so hoher Kaufpreis war damals nicht durchsetzbar. Jetzt soll das Objekt über ein internationales Immobilienportal für Luxusliegenschaften offeriert werden. Vorher werde das Exposé direkt an die 500 reichsten Menschen der Welt versendet, sagt Sebastian Schöneburg.

Die Villa Baumgart in der Nauener Vorstadt ist noch originalgetreu ausgestattet: Buntglasfenster zwischen Eingangshalle, Garderobe und Toilette
Die Villa Baumgart in der Nauener Vorstadt ist noch originalgetreu ausgestattet: Buntglasfenster zwischen Eingangshalle, Garderobe und Toilette

© Andreas Klaer,PNN,Tsp / Andreas Klaer

Villa Luisenhof am Templiner See verkauft

Ein weiteres Haus mit Geschichte konnte Locals Immobilien bereits veräußern. Die Villa Luisenhof am Templiner See soll nach einem Umbau Platz für sieben Wohnungen und ein Penthouse im Turm bieten. Der bisherige Eigentümer habe aus gesundheitlichen Gründen seine Pläne für die Immobilie aufgegeben. Auf dem rund 7000 Quadratmeter großen Wassergrundstück sollen 20 Reihenhäuser entstehen. Planung und Baurecht seien bereits vorhanden, so Schöneburg, der von „erschwinglichen Häusern am Wasser“ spricht. Die bestehenden Pläne hätten energieeffiziente Holzhäuser aus Mondholz vorgesehen.

Die Villa Luisenhof entstand 1893/94 nach Plänen von Franz Schwechten, der auch den „Kreml“ auf dem Brauhausberg entworfen hatte. Bauherr der Villa mit 32 Meter hohem Turm war Richard Roesicke, Generaldirektor der Schultheiß-Brauerei, der die Villa nach seiner Frau Luise benannte. Nach dem Tod des Ehepaars erwarb die Stadt Potsdam die Villa und brachte darin unter anderem ein Töchterheim und eine Lehranstalt für Landwirte unter. Nach dem Zweiten Weltkrieg befanden sich Labore in dem Haus, das seit 2001 leer und seit 2010 unter Denkmalschutz steht.

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