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Im Potsdamer Landgericht läuft derzeit ein Prozess gegen einen mutmaßlichen Vergewaltiger.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Zu Prostitution gezwungen?: Psychologe vergleicht Angeklagten mit Raubtier

Am Potsdamer Landgericht ist diese Woche die Verhandlung gegen einen 36 Jahre alten Angeklagten fortgesetzt worden – unter erhöhten Sicherheitsbedingungen.

Im Prozess am Potsdamer Landgericht gegen einen mutmaßlichen Vergewaltiger und Zuhälter haben zwei Zeugen den Angeklagten belastet. Diese Woche sagten ein Psychiatrie-Therapeut und seine Kollegin aus, die ein mutmaßliches Opfer des 36-jährigen Angeklagten betreut haben. Es ging um einen der zentralen Vorwürfe des Prozesses: die mutmaßliche Vergewaltigung einer Potsdamerin in einer innenstadtnahen Wohnung. Dabei zeigte sich während der Verhandlungstage am Dienstag und Mittwoch, dass die Verteidiger, Verena Duchow und Torsten Kauer, die Aussagen der etwa 20 Jahre alten Frau anzweifeln, die zum Schutz ihrer Intimsphäre unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen wurde.

Ihre Ärzte allerdings konnten vor Publikum sprechen. Dabei verglich der behandelnde Jugendpsychotherapeut den Angeklagten mit einer Art Raubtier, einem Menschen, der gerade Jüngere mit fehlender Lebenserfahrung manipuliert, um dann übergriffig zu werden. „Sie ist in diese Falle getappt“, sagte der Arzt über seine Patientin. Er habe keinen Verdacht, dass sie sich diese Geschichte ausgedacht habe, machte er klar. Ähnlich äußerte sich eine Kollegin des Arztes, die die Betreuung nach ihm übernommen hatte. Die Doktorin schilderte, nach dem mutmaßlichen Übergriff habe die Patientin unter einer Traumafolgestörung gelitten – unter anderem i Form von Panikattacken und Schlafstörungen. Vorher sei sie psychisch gesund gewesen.

Erst Monate später wurde der mutmaßliche Übergriff angezeigt

Die Schwierigkeit für die Urteilsfindung: Zur Anzeige entschloss sich die junge Frau erst Monate nach der mutmaßlichen Tat 2021. Damals sollen sich der Mann und die wesentlich jüngere Frau nach der Aussage der Psychologen zum Weintrinken verabredet haben. Nach ersten Annäherungsversuchen des Angeklagten sei sie in eine Art Erstarrung verfallen, habe sich dann nicht wehren können. Unter Tränen und mit Schuldgefühlen habe sie ihm den Übergriff geschildert, so der Arzt.

Den Einwand der Verteidigung, dass die junge Frau wenige Tage nach dem mutmaßlichen Übergriff noch einmal den Angeklagten kontaktiert habe und es zum einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gekommen sei, kommentierte der Psychologe mit Erkenntnissen der Lehre von Siegmund Freud: Gerade bei Opfern von Traumata könne es einen Wiederholungszwang geben. Später sei die Angst vor dem Angeklagten so groß gewesen, dass die junge Frau nicht mehr in Potsdam leben wollte. Die Verteidigung hielt entgegen, die Frau habe hinter verschlossenen Türen ihr damaliges Motiv für das Treffen mit dem Angeklagten ganz anders geschildert, als sie dies gegenüber ihrem Psychologen getan habe.

Gleich mehrere Vorwürfe

Die Vorwürfe gegen den Angeklagten wiegen schwer, der mutmaßliche Tatzeitraum liegt zwischen September 2020 und April 2022: Der Mann soll dabei unter anderem eine junge Potsdamerin dazu veranlasst haben, sich wiederholt in eigens dafür angemieteten Wohnungen in Zürich zu prostituieren. Dazu hatte er sich nach Angaben der Verteidigung bisher nicht geäußert. In Zürich soll er auch eine weitere Potsdamerin vergewaltigt haben. Seiner Darstellung zufolge sei der Geschlechtsverkehr auch in diesem Fall einvernehmlich erfolgt.

Außerdem wird er bezichtigt, ohne Führerschein mit hochpreisigen Wagen gefahren zu sein, unerlaubt Schusswaffen besessen und Widerstand gegen Polizisten des Sondereinsatzkommandos geleistet zu haben bei seiner Festnahme in Berlin-Neukölln, wo er aufgewachsen ist. 

Der Prozess findet seit dieser Woche unter erhöhten Sicherheitsbestimmungen statt. Zuschauer werden an einer Sicherheitsschleuse auf Waffen untersucht, Handys und Laptops sind im Gerichtssaal nicht erlaubt. Zu den Gründen machte das Gericht auf PNN-Anfrage keine Angaben: Zu sicherheitsrelevanten Aspekten könne man keine Auskünfte erteilen.

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