zum Hauptinhalt

Kultur: Mit nordischer Wärme

„Superpunk“ spielten im Waschhaus / So richtig in „Fahrt“ kam das Publikum nicht

„Superpunk“ spielten im Waschhaus / So richtig in „Fahrt“ kam das Publikum nicht Kleine Anlaufschwierigkeiten im frischen Konzertjahr haben die Potsdamer am Mittwochabend. Im Waschhaus tummeln sich nur eine Handvoll Leute, als Erich, der Support von „Superpunk“, mit seinem Akkordeon die Bühne besteigt. Verpackt in flotte Polkas oder im konfusen Walzergewand schildert Erich mit flinken Fingern die „Lage am Wetterstein“. Da geht es um „marodierende Schafe“, vor denen im ¾-Takt die Flucht ergriffen werden muss oder um französische Wandergruppen, die mit ihren Radler-Bestellungen den Barbetrieb lahmlegen. So richtig in Fahrt kommt das Publikum bei dieser „ Bergbesteigung“ leider nicht, der höfliche Applaus für die nette Gesprächsuntermalung ist dem sympathischen Berliner immerhin sicher. Seit September touren sich die „Superpunker“ die Finger wund und die Stimmen heiser. Nach einer besinnlichen Weihnachts- und Ins-neue-Jahr-Rutsch-Pause ist Potsdam der Einstieg für die letzte Runde der „Einmal Superpunk, bitte!“ - Tour. Fans wissen natürlich, dass „Superpunk“ der größte Etikettenschwindel ist, seit auf Mittelmeerinseln gezuckerter Billig-Rotwein als „Sangria“ ausgeschenkt wird. Denn wo Punk drauf steht, muss noch lang nicht Punk drin sein. Das beweisen die fünf Hamburger dem nun besser gefüllten Waschhaus an diesem Abend eindrucksvoll. Als „waschechte Rockmusicians“ stellen sich die fünf Musiker dem Potsdamer Publikum vor. Mit tanzbarer Beat-Musik und 60“s-Soul ist das Publikum schnell überzeugt den Allerwertesten zum Gegroove auf der Bühne zu bewegen. Zumal Keyboarder Thies Mynther auch immer wieder vormacht, wie es geht. Mit Indianertanz ähnelnden Einlagen und Tambourine-Soli, muss das schlechte Gewissen über die eigene Steifheit schnell weggetanzt werden. Die Texte des Fünfers sind indes profan wie eh und je. Ist man doch aus Hamburger Kehlen eigentlich Songs mit bedeutungsschwangeren, symbolisch dichten Texten gewohnt. Von Frontmann Carsten Friedrichs vernimmt man hingegen: „Bleib deinen Freunden treu, es gibt genügend Leute, die es zu vergessen lohnt.“ Na wenn das mal keine Aussage ist! Auch die CD-Cover sprengende Weisheit „Tu einfach dein Bestes und mach dir keine Sorgen“ bekommen die Potsdamer in die Gehörgänge gepustet. Friedrichs Stimme schafft es dabei immer wieder, den angestrebten Ton genau nicht zu treffen, aber die nordische Wärme mit kühlem Akzent, die die Sympathischen auf der Bühne versprühen, tröstet locker darüber hinweg. Das beweist die spontane Polonaise, die sich zum Entzücken des Sängers („Ein Lebenstraum erfüllt sich!“) durch den Saal schlängelt. Bei „Ich bin ein Snob“ bietet sich den Waschfrauen und -männern die letzte Chance ihre Gliedmaßen von sich zu werfen. Die Bandmitglieder husten noch einmal ins Mikrofon und entlassen die abgestrampelten Zuschauer in die Nacht.Christoph Henkel

Christoph Henkel

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false