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Brandenburg: Rainer Eppelmanns stiller Abschied

Er war Bürgerrechtler und DDR-Minister, seit 15 Jahren sitzt er im Bundestag. 2006 will er sich aus der Politik zurückziehen

Seelow - Es ist einer der weniger spektakulären Politiker-Abschiede, kein Paukenschlag. „Ich habe mich für ein Leben ohne Politik nach 2006 entschieden – mit einem fröhlichen Ja“, sagt Rainer Eppelmann. „Es war nämlich noch nie mein Traum, bei Flaggen auf Halbmast aus dem Parlament getragen zu werden.“ So hört es sich an, wenn einer der prominentesten DDR-Bürgerrechtler, der letzte Verteidigungsminister der DDR und Auflöser der NVA, einst Präsidiumsmitglied der Bundes-CDU und von 1994 bis Mitte 2001 Bundesvorsitzender ihres Arbeitnehmerflügels CDA, seinen schließlichen Rückzug aus der Politik ankündigt.

Eppelmann wird bei der Wahl im nächsten Jahr definitiv nicht erneut für den Deutschen Bundestag kandidieren, dem er seit immerhin 15 Jahren angehört. „Das ist eine ganz persönliche Entscheidung.“ Bei seinen Brandenburger Parteifreunden löst diese Nachricht allerdings zumeist kaum mehr als Schulterzucken aus, obwohl der 62-Jährige zu den überregional bekanntesten ostdeutschen Christdemokraten gehört. „Das kommt selten vor: Eine Rücktrittsankündigung als Lebenszeichen, dass es ihn noch gibt“, kommentiert ein Landesvorstandsmitglied spitz. Eppelmann habe weder in der Brandenburger CDU-Landesgruppe im Bundestag noch in der Landespartei in den letzten Jahren eine politische Rolle gespielt, auf Parteitagen sei er nicht mehr gesehen worden.Dem Landesvorstand gehört er seit 2001 nicht mehr an, im selben Jahr legte er den Kreisvorsitz in Märkisch-Oderland nieder. Sein Abschied aus Brandenburg, so heißt es, habe schon vor langer Zeit begonnen.

Dass Eppelmann 2002 überhaupt noch einmal in den Bundestag einziehen konnte, hat er CDU-Landeschef Jörg Schönbohm zu verdanken, der ihm damals noch einmal zu einem sicheren Listenplatz verhalf. Die Abstimmung fiel knapp aus. Mancher Christdemokrat hatte das bundesweite Gespött noch nicht vergessen, das Eppelmann vier Jahre zuvor getroffen hatte, als er in seinem Wahlkreis Märkisch-Oderland/Barnim II als Direktkandidat nicht antreten durfte, weil sein Büro die Frist für die Anmeldung versäumt hatte. Aber auch das ist in der Brandenburger Union kein Thema mehr; sie hat ihren Frieden mit Eppelmann geschlossen. „Wir hatten als Landesverband zwar nicht viel von ihm. Aber seine Lebensleistung ist unbestritten“, sagt ein führender Christdemokrat. Mit Parteichef Jörg Schönbohm verbinde Eppelmann heute ein „spannungsfreies Nicht-Verhältnis“, sagt einer, der es wissen muss. Was so viel heißt wie: Man lässt sich gegenseitig in Ruhe. Im Wahlkreis erfüllt Eppelmann seine Abgeordnetenpflichten, ist regelmäßig dort unterwegs. „Wenn man ihn um Hilfe fragt, ist er immer da“, lobt Dierk Homeyer, der Eppelmann als CDU-Kreischef nachfolgte und von diesem auch als künftiger Direktkandidat im Wahlkreis Märkisch-Oderland/Barnim II vorgeschlagen wurde.

Dieser Wahlkreis könnte im September 2006 einer der spannendsten im Osten werden: Die PDS will dort, so ist zu hören, womöglich Gregor Gysi antreten lassen – sofern Gysi will. Aber auch das berührt Eppelmann nicht allzu sehr: „Gysi hat mich noch nie um den Schlaf gebracht.“

Das politische Leben des Rainer Eppelmann spielt längst woanders als im kleinen Brandenburg. Er ist Mitglied des Bundestagsausschusses für Menschenrechte, was ihn häufig rund um die Welt führt, mal nach Kuba, mal zu einer Audienz beim Papst. Er leitete die beiden Enquete-Kommissionen des Bundestags zur Aufarbeitung des DDR-Unrechts und wurde im Januar 2004 für vier Jahre als Vorsitzender der Stiftung für die Aufarbeitung der SED-Diktatur wiedergewählt. Das beschäftigt den früheren Pfarrer der Berliner Samariterkirche, den Mitgründer der Bürgerrechtsgruppe Demokratischer Aufbruch im Herbst 1989, das treibt ihn um bis heute. Die Leitung der Stiftung, auch sein Engagement im Beirat der Birthler-Behörde und in der Hilfsorganisation Care will Eppelmann auch über 2006 hinaus weiterführen: „Nur auf dem Sofa zu sitzen, Tee zu trinken und auf einen Anruf der Zeitung zu warten, wäre mir dann doch zu langweilig.“

Auch in seiner kantigen Eitelkeit ist sich Eppelmann treu geblieben. Auf seiner Homepage ist unter der Rubrik „Initiativen“ ein Brief an den Berliner Polizeipräsidenten veröffentlicht. Darin beschwert sich der MdB Eppelmann bitter über das „Verkehrsverhalten der Radfahrer“, die auf der Straße Unter den Linden „gesetzliche Straßenverkehrsregeln einfach ignorieren“. Dies habe er auf seinen „täglichen Fahrten zum Deutschen Bundestag“ häufig beobachtet, und so fordert der einstige Bürgerrechtler schon mal, dass die Polizei „härter durchgreift“. Eppelmann: „Dies hätte auch für das Land Berlin den Vorteil, die eingenommenen, sicher beträchtlichen Bußgelder dem Landeshaushalt zugute kommen zu lassen.“

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