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Brandenburg: Ralf Christoffers im Interview: "Der Mauerbau ist nicht zu entschuldigen"

Ralf Christoffers ist Landesvorsitzender der PDS. Herr Christoffers, Brandenburgs CDU-Landeschef Jörg Schönbohm macht Front gegen eine Regierungsbeteiligung der PDS in Berlin.

Ralf Christoffers ist Landesvorsitzender der PDS.

Herr Christoffers, Brandenburgs CDU-Landeschef Jörg Schönbohm macht Front gegen eine Regierungsbeteiligung der PDS in Berlin. Er hält Ihre Partei nicht für regierungsreif.

Die Regierungs- und Demokratiefähigkeit der PDS hängt nicht von seinem Urteil ab. Die PDS ist in Brandenburg eine verfassungsgebende Partei. Herr Schönbohm hat große Sorgen, dass die Entwicklung in Berlin Rückwirkungen auf die politische Konstellation in Brandenburg hat und der Einfluss der CDU in Ostdeutschland insgesamt zurückgehen wird. Seine Nervosität ist verständlich.

Gibt Ihnen nicht zu denken, dass laut Dimap-Umfrage mehr als die Hälfte der Deutschen gegen eine Regierungsbeteiligung der PDS in Berlin ist?

Wir sind uns der mentalen Sperren, insbesondere in Berlin, bewusst. Es geht um die Kernfrage: Gibt es in Deutschland eine politische Kultur, die die Gesellschaft zusammenführen und das am Beispiel Berlins demonstrieren kann? Oder wird auf einen Lagerwahlkampf gesetzt, der darauf hinausläuft, die Gesellschaft politisch wieder zu spalten? Die CDU könnte sich damit bei der Bundestagswahl Stimmen in den alten Ländern besorgen, aber sie würde den Osten verlieren. Denn hier wird die PDS längst anders wahrgenommen.

Die PDS hat ihr Verhältnis zur Vergangenheit nicht geklärt. Müsste sie sich nicht gerade vor dem 40. Jahrestag des Mauerbaus stärker vom SED-Unrecht distanzieren?

Die Debatte, die wir über unsere Geschichte geführt haben, ist in der Öffentlichkeit kaum bekannt. Damit steht die PDS vor der Notwendigkeit, sich zu historischen Daten zu äußern. Das wird mit einer klaren Zurückweisung der undemokratischen Instrumente und Vorgänge der DDR verbunden sein.

Sind Sie als PDS-Landeschef bereit, sich für den Mauerbau zu entschuldigen?

Der Mauerbau ist nicht zu entschuldigen. Insofern würde eine Entschuldigung das Problem nicht lösen: Tote an der Mauer sind durch nichts zu rechtfertigen, auch nicht durch eine Systemauseinandersetzung. Ein Konzept, das eine Gesellschaft abschottet und Grundrechte einschränkt, ist undemokratisch. Ich distanziere mich davon. Allerdings muss man den Mauerbau auch in die damalige Zeit des Kalten Krieges einordnen.

Auch Regierungschef Manfred Stolpe und SPD-Landeschef Matthias Platzeck erklären, dass sie mit der märkischen PDS derzeit wegen nicht abgeschlossener innerparteilicher Klärungsprozesse nicht regieren könnten.

Beide müssen aus taktischen Gründen so argumentieren. Sonst würden sie selbst die große Koalition in Frage stellen. Inhaltlich ist die Aussage nicht gedeckt, das wissen beide.

Stimmen Sie Schönbohm zu, dass es schädlich wäre, die Fusionsdebatte weiter zu führen?

Nein! Die Debatte muss weitergeführt werden, da die Probleme der Zusammenarbeit nicht kleiner geworden sind und dringend einer Lösung bedürfen. Deshalb muss mit dem Neuanfang in Berlin auch die Zukunft der Region auf die Tagesordnung gesetzt werden.

Glauben Sie, dass man mit den Brandenburgern angesichts der Schuldenexplosion in Berlin über die Länderehe diskutieren kann?

Die Haushaltslage beider Länder ist kompliziert, Berlin und Brandenburg müssen den Haushalt konsolidieren. Selbstverständlich führt die Bankenkrise dazu, dass mental neue Vorbehalte entstehen. Um so mehr hat Politik die Aufgabe, ein Konzept für die Gesamtregion zu entwickeln. Ich halte die Fusion nach wie vor für wünschenswert.

Was bedeutet ein rot-rotes Bündnis in Berlin für die PDS in Brandenburg?

Die Entwicklung in Berlin zwingt uns, unser Profil schneller zu schärfen. Wir müssen zum Beispiel deutlich machen, wie Haushaltskonsolidierung und Strukturpolitik zusammengeführt werden können. Außerdem wird sich das politische Klima in Brandenburg verändern, wenn Schönbohm voll auf Berliner CDU-Linie einschwenkt. Wenn er kolportiert, dass es keine Zusammenarbeit zwischen CDU und PDS gebe, widerspricht das den Realitäten. Wir arbeiten seit Jahren mit CDU-Landräten sehr gut zusammen, zum Beispiel in der Uckermark. Durch den neuen Kurs wird dieser Normalisierungsprozess empfindlich gestört. Schönbohm derzeitiges Agieren übersteigt die Toleranzgrenzen der PDS in Brandenburg. Es wird der CDU mittelfristig schaden.

Wird die PDS versuchen, verstärkt Keile in die große Koalition zu treiben, um ein rot-rotes Bündnis in Brandenburg zu erreichen?

Die Gegensätze in der Koalition wachsen, was nur mühsam kaschiert werden kann. Stichworte sind Arbeitsmarkt, Schulpolitik, Umweltpolitik, Finanzpolitik. Wir werden diesen Prozess selbstverständlich nicht behindern, sondern befördern.

Werden sich die Chancen der PDS bei der Landtagswahl durch ein rot-rotes Bündnis in Berlin verbessern?

Ich gehe davon aus. Wir sind in Brandenburg in einer Situation, wo wir unsere gesellschaftliche Verankerung so festigen können, dass wir zweitstärkste politische Kraft vor der CDU werden.

Ihr strategisches Ziel ist eine rot-rote Koalition 2004 in Brandenburg?

Natürlich ist sie das strategische Ziel.

Herr Christoffers[Brandenburgs CDU-Landeschef J&o]

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