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Brandenburg: Rückhaltlos

Thorsten Metzner über den Landesparteitag der PDS und dem Akzeptanzproblem ihres Landeschefs ANGEMARKT Parteitage sind Seismographen für das Innenleben einer Partei. Sie haben ihre eigene Psychologie.

Thorsten Metzner über den Landesparteitag der PDS und dem Akzeptanzproblem ihres Landeschefs

ANGEMARKT

Parteitage sind Seismographen für das Innenleben einer Partei. Sie haben ihre eigene Psychologie. Und sie lassen Rückschlüsse zu, wie die Spitze in den eigenen Reihen verankert ist – in dieser Hinsicht war der jüngste Parteitag der Brandenburger PDS bemerkenswert. Gewiss, es war kein zweites Gera, keine Selbstzerfleischung. Aber in Frankfurt (Oder) zeigte sich eben nicht nur, dass die wegen der Niederlage bei der Bundestagswahl verunsicherte PDS ihre „existenzielle Krise“ (Parteichefin Gabi Zimmer) noch nicht überwunden hat, und dass der Richtungskampf über den künftigen Kurs noch nicht entschieden ist. Sondern auffällig war, wie der vor zwei Jahren als Hoffnungsträger und Reformer angetretene Landeschef Ralf Christoffers an Rückhalt verliert.

Nicht nur, dass Christoffers es mit einem emotionslosen, akademischen Auftritt nicht vermochte, die demoralisierten Genossen aufzurütteln und mitzureißen. Notgedrungen übernahmen FraktionsVize Heinz Vietze – der eigentliche starke Mann der Brandenburger PDS – und der jüngst wieder gewählte Fraktionschef und „Übervater“ Lothar Bisky diese Rolle mit. Schwerer wiegt der unentschiedene Richtungskampf: Die Bundesvorsitzende Gabi Zimmer erhielt auffällig viel Beifall, obwohl sie in ihrer Rede Christoffers im Grunde Anbiederung an SPD und Grüne vorwarf und ein „prinzipielles“ Oppositionsverständnis der PDS einforderte: Die Partei, so ihr Ansatz, müsse selbst in Regierungsverantwortung in Opposition zum bundesdeutschen System stehen. Das findet zwar auch in Brandenburg Beifall an der Basis – doch von den sozial-demokratischen Reform-Positionen Christoffers ist das Lichtjahre entfernt.

Christoffers Dilemma ist jedoch nicht nur, dass er mit diversen Alleingängen (mal für PDS/CDU-Koalitionen, mal für eine Berufsarmee, mal für eine fusionierte Linkspartei) viele Genossen verwirrt und verärgert hat. Just in der politischen Kernfrage über Rolle und Selbstverständnis der PDS hat seine Autorität gelitten – durch die anhaltenden Auseinandersetzungen mit der aus der Fraktion ausgeschlossenen PDS-Politikerin Esther Schröder. Zwar warf Bisky seine Autorität in die Waagschale, bezichtigte Schröder auf dem Parteitag der „Denunziation“ des Landeschefs. Doch in der Sache teilen viele Genossen Schröders berechtigte Kritik am allzu langen Schmusekurs von Christoffers gegenüber dem wegen der Scheich-Affäre nun zurückgetretenen CDU-Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß – trotz der vielen Ungereimtheiten bei der Chipfabrik in Frankfurt (Oder). Christoffers hat hoch gepokert, als er auf das Milliardenprojekt und auf Fürniß setzte, um die PDS aus der Verweigerer-Ecke zu holen. Aber er hat dabei, so viel steht schon heute fest, verloren.

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