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Brandenburg: Sarrazin zahlt nicht mehr für die S-Bahn

Finanzsenator lässt den Streit um neuen Vertrag für die Zuschüsse eskalieren – jetzt erwägt das Unternehmen die Einstellung des Fahrbetriebs

Berlin. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hat der S-Bahn den Geldhahn zugedreht. Intern gibt es bei dem Verkehrsbetrieb nach Tagesspiegel-Informationen bereits Pläne, den Verkehr vorübergehend einzustellen oder stark einzuschränken. Mit der Weigerung, das Geld zu überweisen, will der Finanzsenator die S-Bahn in die Knie zwingen. Die S-Bahn bezeichnete Sarrazins Vorgehen als „ungeheueren Vorgang“ zu Lasten der Fahrgäste. Die Bahn prüft nun rechtliche Schritte.

Seit Monaten versuchen der Senat und die S-Bahn, einen neuen Verkehrsvertrag auszuhandeln, der die Leistungen und Zahlungen festlegt – bisher ohne Erfolg. Sarrazin will den Zuschuss an die S-Bahn um 48 Millionen Euro kürzen und das gesparte Geld an die BVG weiterleiten. Bisher erhält die BVG im Jahr rund 232 Millionen Euro vom Land. Der Vertrag war Ende 2001 ausgelaufen; seither erbringt die S-Bahn ihre Leistungen im vertragslosen Zustand. Nur wenn sich die S-Bahn bei den Verhandlungen bewege, werde Sarrazin wieder Geld überweisen, heißt es in der Finanzverwaltung. Einen gültigen Vertrag, der zur Zahlung verpflichte, gebe es schließlich nicht.

Sarrazins Kurs kann aber teuer werden. Das für die S-Bahn bestimmte Geld kommt aus der Bundeskasse, das Land reicht es nur weiter. Diese Regelung gilt, seit der Bund nach der Bahnreform den Nahverkehr der Bahn nicht mehr direkt subventioniert. Inzwischen mehren sich jedoch die Zeichen, dass der Bund bei einer anderen Verwendung dieser Mittel seine Zuschüsse entsprechend kürzen wird.

Dann wären umfangreiche Streichungen im Angebot unumgänglich, heißt es bei Experten. In Berlin hat man bereits überlegt, den Grundtakt der S-Bahn von 20 auf 30 Minuten auszudehnen, was vor allem die Außenstrecken treffen würde. Auch das Angebot im Regionalverkehr könnte gestutzt werden. So will die Stadtentwicklungsverwaltung bereits jetzt die Züge der Linie RB10 aus Nauen, die bis Charlottenburg oder Friedrichstraße fahren, in Spandau enden lassen, wo die Fahrgäste auf die S-Bahn umsteigen müssten.

„Parallelverkehr können wir uns nicht mehr leisten“, sagte die Sprecherin der Verwaltung, Petra Reetz. Denkbar sei auch, dass in verkehrsschwachen Zeiten nicht mehr gleichzeitig S-Bahnen und Regional-Express-Züge über die Stadtbahn zwischen Charlottenburg und Ostbahnhof fahren.

Das optimale Angebot für Berlin soll in Zukunft eine Fremdfirma nach Vorgaben des Senats ermitteln. Eine europaweite Ausschreibung läuft bereits. Während der scheidende Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), Uwe Stindt, darin ein Auseinanderbrechen des Verbundes sieht, unterstützt Brandenburg das Berliner Vorgehen. Berlin sei im Verbundgebiet eine Besonderheit, die eine eigenständige Organisationsform rechtfertige, sagte der Sprecher des Verkehrsministeriums Lothar Wiegand.

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