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Brandenburg: Schlechtes Zeugnis für Brandenburgs Schulen

Kontrollbesuche zeigen, dass Lehrer noch immer zu viel Frontalunterricht geben und zu wenig selbstständiges Lernen fördern

Potsdam - Brandenburgs Schulen haben immer noch „deutliche Schwächen“ in der Qualität des Unterrichts. Das geht aus dem ersten Jahresbericht über die „Schulvisitationen“ hervor, bei der 2005/2006 landesweit 100 Schulen verschiedener Typen von Experten-Teams unter die Lupe genommen wurden. „Wir dürfen die Augen vor Schwächen nicht verschließen“, sagte Bildungsstaatssekretär Burkhard Jungkamp am Donnerstag bei der Vorstellung in Potsdam.

So herrsche in den Stunden oft noch immer der traditionelle Frontalunterricht vor. Lehrer gingen zu wenig auf die einzelnen Schüler ein und wendeten zu selten aktivierende, das eigenständige Lernen fördernde Methoden wie Partner- und Gruppenarbeit an. „Selbstständiges Problemlösen kommt zu kurz“, sagte Jungkamp. „Wenn man jahrelang unterrichtet, entwickelt man Routinen. Es ist schwer, sie zu verändern.“ Dazu passe, dass die Qualität des Unterrichts an den Schulen zu wenig hinterfragt und zu selten überprüft werde. Dies setze eine Verständigung der Lehrer voraus, „was guter Unterricht ist“. Jungkamp betonte, dass die Defizite in allen Schultypen, ob Grund-, Ober-, Gesamtschulen oder Gymnasien, ermittelt wurden. Zugleich warnte er vor Lehrerschelte und voreiligen Schlüssen – etwa solchen, dass die Ursachen darin liegen könnten, dass 80 Prozent der Brandenburger Lehrer bereits zu DDR-Zeiten tätig waren. In Berlin oder Hessen komme man zu ähnlichen Befunden, sagte Hans-Jürgen Kuhn, Referatsleiter für Qualitätsentwicklung im Bildungsministerium. „Das ist kein Ost-West-Problem. Es ist ein deutsches Problem.“

Dabei hat Brandenburg die Leistungsanforderungen an Schulen – Stichworte sind 10.-Klasse-Prüfungen, Zentralabitur, landesweite Vergleichsarbeiten – seit dem miserablen Abschneiden bei der Pisa-Studie im Jahr 2002 deutlich erhöht. Damals belegte das Land bundesweit nur den vorletzten Platz.

Der „Schul-Tüv“ zeigt aber auch Stärken der Brandenburger Schulen. Sie liegen danach vor allem in der Zufriedenheit von Lehrern, Eltern und Schülern mit den Schulen, was ein Indiz für das Lernklima ist, aber auch in der geringen Zahl von Schwänzern, in transparenten, klaren Leistungsanforderungen und der Organisation des Schulbetriebs.

Jungkamp kündigte an, dass die Visitationen ausgeweitet werden sollen – als Hilfe für Schulen, den Unterricht zu verbessern. Ziel sei, dass jede Brandenburger Schule alle vier Jahre von einem Team – meist ein Schulrat und zwei speziell ausgebildete Lehrer – untersucht wird. Die Kosten betragen 1,32 Millionen Euro pro Jahr. Jede Schule erhält einen Abschluss- bericht – ein Zeugnis, mit dem jedoch unterschiedlich umgegangen wird: Jede dritte Schule will es veröffentlichen, jede dritte nicht, der Rest ist unentschlossen.

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