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Brandenburg: Schulfach LER: Bildungsministerium hielt Gutachten zurück

Rückendeckung für das umstrittene Unterrichtsfach Lebensgestaltung/Ethik/Religionskunde (LER): In einem jetzt publizierten Gutachten hat der LER-Fachbeirat aus renommierten deutschen Erziehungswissenschaftlern eine Ausweitung des LER-Unterrichts an Brandenburgs Schulen empfohlen - flächendeckend, als reguläres Fach in den Klassen 5 bis 10. Der Fachbeirat stellt fest, dass von einer "spürbaren Präsenz des Faches" noch "keine Rede" sein kann.

Rückendeckung für das umstrittene Unterrichtsfach Lebensgestaltung/Ethik/Religionskunde (LER): In einem jetzt publizierten Gutachten hat der LER-Fachbeirat aus renommierten deutschen Erziehungswissenschaftlern eine Ausweitung des LER-Unterrichts an Brandenburgs Schulen empfohlen - flächendeckend, als reguläres Fach in den Klassen 5 bis 10. Der Fachbeirat stellt fest, dass von einer "spürbaren Präsenz des Faches" noch "keine Rede" sein kann. Dies könne ganz unabhängig vom Ausgang der Verfassungsklage der Kirchen und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Karlsruhe angepackt werden, so das Beratungsgremium, das LER in der Praxis verfolgt. So weit der überraschende Inhalt der Expertise. Nicht minder überraschend ist allerdings der Weg des 295-Seiten-Berichts an die Öffentlichkeit: Bereits seit Monaten nämlich liegt das Werk dem Bildungsministerium von Steffen Reiche (SPD) vor, doch war seine Präsentation - wohl aus Rücksichtnahme auf knappe Kassen und den LER-kritischen Koalitionspartner CDU - mehrfach vertagt worden. Geheimhalten ließ es sich trotzdem nicht: Inzwischen ist das LER-Gutachten als Buch im Handel (Beltz-Verlag).

Für das Autorenteam um Professor Wolfgang Edelstein, den emeritierten Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin, ist die Einführung des neuen Faches LER als werteklärendes und werteerziehendes Fach ein "großes Projekt", zu dem es in der jüngeren Entwicklung "nichts Vergleichbares" gibt. Der Kampf gegen LER, der im Schatten der Auseinandersetzung um den Status des Religionsunterrichtes im Land geführt werde, sei ein "Verwirrspiel mit verkehrten Fronten", klagt Edelstein. Denn LER sei "weder Religionsunterricht noch Ersatz für diesen". Und der Ausgang in Karlsruhe berühre gar nicht die Existenz des Faches, sondern allenfalls das Konzert der Fächer, in dem LER künftig unterrichtet wird.

Vor diesem Hintergrund empfehlen die Wissenschaftler, die ins Stocken geratene Einführung des neuen Unterrichtsfachs zu beschleunigen. Bislang wird LER in 70 Prozent der 7. Klassen, 54 Prozent der 8. Klassen, zwölf Prozent der 9. Klassen und sechs Prozent der 10. Klassen unterrichtet. Daher liege es auf der Hand, so die Experten, dass der Ausbau in den Klassen 9 und 10 vordringlich sei. Danach sollte der Ausbau in den Klassenstufen 5 und 6 beginnen.

Gleichzeitig warnt das Gutachten, dass das Fach durch eine zu geringe Stundenzahl ins Leere laufen könne und mahnen eine eigenständige Ausbildung von LER-Lehrern an der Potsdamer Universität an. Bislang können sich Lehrer nur weiterbilden lassen. Die Empfehlungen des Fachbeirats setzen Minister Reiche und die SPD unter Druck, denn das Fach gilt als Flaggschiff sozialdemokratischer Schulpolitik. Doch gegen eine Ausweitung von LER wehrt sich nicht nur die CDU, es fehlt auch an Geld. Das Gutachten verweist darauf, dass "die Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen" die Politik vor "ernsthafte Herausforderungen" stellt, da die Kosten "erheblich" seien. So werde die Einführung von LER anders als andere Schulreformen nicht "friedlich und unbemerkt" über die Bühne gehen. Der Ausblick: Politik, Verwaltung und Schule werden sich "nachdrücklich für die Reform einsetzen müssen", und zwar nicht nur wegen der LER-Gegner, sondern auch gegen die Trägheit im Schulsystem. Da "die Widerstände eher wachsen", sei "langer Atem" nötig.

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