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Brandenburg: Schulfach LER: SPD für Kompromiss aus Karlsruhe

Die Brandenburger Sozialdemokraten werden den Kompromissvorschlag des Bundesverfassungsgerichtes im Streit um das Schulfach Lebensgestaltung, Ethik, Religion nicht blockieren. Nach heftigen Kontroversen rang sich der SPD-Landesparteitag am Samstag mit klarer Mehrheit zu einem entsprechenden Beschluss durch, obwohl es von der Parteibasis und der SPD-Landtagsfraktion massiven Druck für ein LER-Urteil in Karlsruhe gab.

Die Brandenburger Sozialdemokraten werden den Kompromissvorschlag des Bundesverfassungsgerichtes im Streit um das Schulfach Lebensgestaltung, Ethik, Religion nicht blockieren. Nach heftigen Kontroversen rang sich der SPD-Landesparteitag am Samstag mit klarer Mehrheit zu einem entsprechenden Beschluss durch, obwohl es von der Parteibasis und der SPD-Landtagsfraktion massiven Druck für ein LER-Urteil in Karlsruhe gab. Allerdings wurde die Landesregierung aufgefordert, "keinem Vergleich zuzustimmen, der einen Wahlpflichtbereich Religion" vorsieht, womit Religionskunde LER als ordentliches Unterrichtsfach gleichgestellt würde. Auch SPD-Landeschef Matthias Platzeck bekräftigte, dass ein solcher Vergleich nicht akzeptabel wäre. Vor der Abstimmung mussten sowohl Regierungschef Manfred Stolpe, als auch Platzeck vor und hinter den Kulissen ihren Einfluss in die Waagschale werfen, um die skeptische Basis auf die Kompromiss-Linie einzuschwören und eine Schlappe abzuwenden. Der LER-Streit drängte die eigentlichen Themen des SPD-Wirtschaftsparteitages, der den Wahlkampf-Auftakt für die bevorstehenden Bürgermeisterwahlen bildete, in den Hintergrund. Sonst diplomatisch zurückhaltend, warnte Stolpe mit ungewohnt klaren Tönen vor einer Brüskierung des Verfassungsgerichtes und warb für einen Kompromiss mit den Kirchen. Eine Ablehnung eines Vergleichs wäre zudem "Wahlkampfmunition" für die CDU, so Stolpe. "Mir hat gereicht, dass uns der Streit mit den Kirchen bei der Landtagswahl 1999 nachweislich 100 000 Stimmen gekostet hat." Bei 800 000 Kirchenmitgliedern in Brandenburg dürfe "nicht der Eindruck einer Missachtung und Benachteiligung des Religionsunterrichtes entstehen", zumal die Kirchen etwa bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus, aber auch bei Abschiebungs-Härtefallen der SPD sehr nahe seien.

Die SPD laufe Gefahr, sagte indes CDU-Landeschef Jörg Schönbohm, "zum Steigbügelhalter gottloser Gesellen zu werden." Äußerungen, die Protest bei den Delegierten auslösten und für die in dieser Frage empfindliche SPD-Seele nicht "gerade hilfreich" gewesen seien, sagte Platzeck, der sich im Vorfeld nicht festgelegt hatte und erst kurz vor der Abstimmung Farbe für einen LER-Kompromiss bekannte. Er warnte davor, über ein Angebot des höchsten deutschen Gerichtes einfach hinwegzugehen. Dagegen argumentierte die Juso-Landesvorsitzende Anja Spiegel, dass es Rechtssicherheit für LER als Errungenschaft der damaligen SPD-Alleinregierung nur mit einem Urteil geben könne. Und die SPD-Bildungsexpertin der Landtagsfraktion, Ingrid Siebke, verwahrte sich gegen den latenten Vorwurf der Religionsfeindlichkeit. Brandenburg finanziere Religionsunterricht zu 100 Prozent, was jährlich 4,5 Millionen Mark ausmache.

Es gab aber auch LER-kritische Stimmen. So nannte SPD-Unterbezirksvorsitzender aus Havelland, Wolfgang Ilte, das Fach "überflüssig wie ein Kropf". Nach seinen Worten wäre Brandenburg gut beraten, Religionsunterricht als Pflichtfach einzuführen. Stephan Hilsberg, parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, mahnte die Genossen, dass gerade Wertevermittlung an den Schulen im demokratischen Konsens mit anderen Parteien und den Kirchen geschehen müsse. Als Christ habe er Bauchschmerzen, wenn seine Kinder vom Staat, und nicht von der Kirche in ihre Religion eingewiesen würden.

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