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Sparpläne: Hohes Risiko für Verfassungsschutz

Die Sparpläne der Landesregierung gefährden die Präventionsarbeit des Nachrichtendienstes. Bis 2014 sollen 25 der 115 Stellen gestrichen werden.

Von Frank Jansen

Potsdam - Es gibt im rot-roten Koalitionsvertrag eine Passage, die der Landesregierung inzwischen heikel erscheinen dürfte. Auf Seite 39 steht: „Polizei, Justiz und Verfassungsschutz werden weiter vertrauensvoll mit Kommunen und zivilgesellschaftlichen Strukturen zusammenarbeiten“. Und: „Der präventive Ansatz des Verfassungsschutzes wird ausgebaut.“ Die Realität dürfte jedoch bald, zumindest mit Blick auf den Verfassungsschutz, eine andere sein. Bis 2014 sollen beim Nachrichtendienst 25 der bislang 115 Stellen gestrichen werden. So steht es in der Personalbedarfsplanung der Regierung Platzeck. Damit wird nicht nur die rein nachrichtendienstliche Arbeit des Verfassungsschutzes tangiert. Ein nahezu existenzgefährdendes Risiko bedeutet das Sparprogramm zwangsläufig für die bundesweit einzigartige Präventionsarbeit, die der Verfassungsschutz seit Jahren zusätzlich zu den klassischen Tätigkeiten eines Nachrichtendienstes leistet.

Die Behörde betreibt mit beachtlichem Erfolg das Programm „Verfassungsschutz durch Aufklärung“. Allein 2009 wurden 133 Veranstaltungen an Schulen, bei der Feuerwehr, in Kommunalverwaltungen und anderen Institutionen abgehalten – mit mehr als 4000 Teilnehmern, die dann als Multiplikatoren ihre Erkenntnisse verbreiten konnten. Die Verfassungsschützer erklärten vor allem Methoden und Tricks der Rechtsextremisten, die auf die Bevölkerung Einfluss gewinnen wollen und das in Teilen auch geschafft haben. NPD und DVU sitzen seit 2008 in 15 der insgesamt 18 Kreistage und Parlamente kreisfreier Städte. Dass die DVU im vergangenen Jahr aus dem Landtag flog und die NPD nicht hineinkam, bedeutet kein Ende der rechtsextremen Aktivitäten.

Vor allem die NPD versucht, in kleineren Kommunen Fuß zu fassen, um nach und nach ihre Strukturen in größeren Regionen zu stärken. Mithilfe der Aufklärungsarbeit des Verfassungsschutzes ist es allerdings gelungen, die braunen Umtriebe zu begrenzen. Die Gegenwehr der Demokraten ist in Brandenburg heute weit stärker als in den neunziger Jahren.

„Wir sind hochgradig daran interessiert, dass der Verfassungsschutz weiter so offen agieren kann“, sagt der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, Karl-Ludwig Böttcher. Er sei „voll des Lobes“ über die Veranstaltungen mit dem Verfassungsschutz, zum Beispiel zur Aufklärung ehrenamtlicher Bürgermeister über die Gefahren des Rechtsextremismus. „Wir wünschen uns, dass die Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz so intensiv bleibt, wie sie bisher war“, sagt auch Paul-Peter Humpert, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Landkreistages. Die Veranstaltungen des Verfassungsschutzes mit Kreistagsvorsitzenden und kommunalen Mitarbeitern zur Darstellung rechtsextremer Taktiken in Parlamenten nennt Humpert „sehr fruchtbar für die Landkreise“. Positiv äußert sich zudem der Präsident des Landesfeuerwehrverbands, Manfred Gerdes. Nach rechtsextremen Vorfällen in der Feuerwehr habe der Verfassungsschutz sich „sehr kooperativ verhalten“. 2007 vereinbarte der Verband mit der Behörde eine Kooperation. Nachrichtendienstler erläuterten 2009 bei zwölf Veranstaltungen 240 Feuerwehrleuten die Machenschaften von Extremisten.

Innenminister Rainer Speer (SPD) sieht trotz des Sparprogramms keine Gefahr für die Arbeit des Verfassungsschutzes. Ein Sprecher sagt, das Programm „Verfassungsschutz durch Aufklärung“ bleibe ein Markenzeichen des Nachrichtendienstes. Wie das nach dem Abbau von mehr als 20 Prozent der Stellen funktionieren soll, bleibt offen. Frank Jansen

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