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Sport: Amerika hält mit

Beim Ryder-Cup ist von totaler Dominanz der Europäer noch nichts zu sehen

Wollte man Bilder für einen katastrophalen Ryder-Cup-Auftakt finden, so könnten sie aussehen: Der erste Abschlag, früh am Morgen, am ersten Tee – vor aller Augen ins Wasser verzogen. Alternativ: Die Annäherung ans 18. Grün ins Wasser geschlagen. Oder die erste Bahn im Klassischen Vierer: Ein verzogener Drive hinter einen Baum; der zweite Schlag nur mit umgedrehter Schlagfläche möglich, ein Hoppler, was sonst; danach ein missglückter Schlag Richtung Grün, der im dicken Semirough landet, dann die Annäherung, ein verpatzter Bogey-Putt, am Ende das Doppelbogey. Solch ein Loch zieht sich wie Kaugummi. Am Freitag wurde Tiger Woods zum Hauptdarsteller in allen Episoden. Im Vierball Bestball versenkte er zum Auftakt des Ryder-Cups den Ball im Wasser, im Klassischen Vierer arbeitete er sich am Nachmittag an den Unglücksschlägen seines Partners Jim Furyk ab.

In Situationen wie diesen erweist sich die endlose Geduld des Tiger Woods als wichtig: In beiden Matches gönnte sich der Weltranglistenerste eine Anlaufzeit von neun Löchern und zeigte dann doch noch brillante Schläge und diverse Birdies. Während er den Klassischen Vierer mit Furyk 2 down gegen Luke Donald und Sergio Garcia verlor, hatte die Paarung morgens den ersten Punkt für die USA geholt. Sie setzte damit den Kontrapunkt zu einer Bemerkung des früheren Ryder- Cup-Spielers und NBC-Kommentators Jonny Miller: „Auf dem Papier haben wir das schlechteste Team aller Zeiten.“ Nicht zu Unrecht, da doch die vier Neulinge im Team, Zach Johnson, Vaughn Taylor, Brett Wetterich und J.J. Henry in der Weltrangliste schlechter platziert sind als ihr Kapitän Tom Lehman.

Niedermachen ließen sich dessen Mannen nicht: Vielmehr war der erste Tag des Ryder-Cups gekennzeichnet durch extrem enge und ausgeglichene Matches. Sieben von acht Begegnungen wurden erst am 18. Loch entschieden, zwei zu Gunsten Europas, eins für die USA, vier wurden geteilt. Die Führung von Europa bei einem Stand von 5:3 am Abend war ordentlich, aber nicht überragend.

Das beste Ergebnis gelang bereits am Vormittag jenen, die auch am meisten begeisterten: Sergio Garcia und José Maria Olazábal ließen beim 3&2-Sieg David Toms und Brett Wetterich nie eine Chance. Neun unter Par lag das spanische Duo nach 16 Löchern, da blieb Olazábal nur das Schwärmen für den Partner: „Es war einfach wundervoll ihm zuzusehen, großartig. Da sieht Golf so einfach aus.“ Garcia erwies sich in allen Bereichen als der beste Mann am Platz: kaum verzogene Abschläge, erstklassige Eisen zum Loch, glänzende Pitches über Bäume und Bunker hinweg, dazu zig wichtige gelochte Putts. Wie gemacht für diesen Teamwettbewerb ist der 26-Jährige, der zu Beginn dieser Woche sagte: „Wenn ich jedes Match verlieren müsste, damit mein Team gewinnt, wäre das in Ordnung.“ Das Gegenteil ist der Fall: Im Klassischen Vierer ist er nach wie vor ungeschlagen.

Wie selbstverständlich übernahm er die Rolle des Unbesiegbaren von Colin Montgomerie, der morgens mit Padraig Harrington gegen Furyk und Woods 1 down verlor und nachmittags mit Lee Westwood gegen Phil Mickelson und Chris Di Marco auf dem 18. Loch das Match teilte. „Wir haben einfach nichts gelocht“, hatte der Schotte mittags noch verärgert gesagt. Am Abend wirkte er aber erleichtert: „Irgendwie sind wir durchgekommen, wir haben großartig gespielt.“

Tatsächlich blieb ihm wie seinen Teamkameraden am Abend die Erkenntnis, dass dieses „schlechteste Team aller Zeiten“ dem Gegner Europa das Siegen trotzdem schwer macht. Vor allem die Ryder-Cup-Neulinge der USA hatten nicht – wie oft prophezeit – auf ganzer Linie versagt. Die Stimmung der Amerikaner blieb trotzdem niedergedrückt. „Ein großartiger Tag, mit all den jubelnden Fans“, resümierte Jim Furyk mit müder Stimme. „Es macht ja immer Spaß zu spielen“, fügte Tiger Woods hinzu. So wie sie redeten, wirkten sie allerdings nicht sonderlich euphorisch. Sie hatten wohl ein paar Katastrophen zu viel mitgemacht.

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