zum Hauptinhalt
Anna-Lena Forster, 26, gewann in Peking zwei Gold- und zwei Silbermedaillen.

© dpa

Paralympicssiegerin Anna-Lena Forster im Interview: „Das checkt man echt erst so in ein, zwei Wochen“

Die zweifache Goldmedaillengewinnerin Anna-Lena Forster über ihre Erfolge in Peking, die Zweifel an der Klassifizierung der Chinesen und ein Besuch im Nagelstudio.

Von Magdalena Austermann

An dieser Stelle berichtete das Team der Paralympics Zeitung, ein Projekt von Tagesspiegel und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Alle Texte zu den Spielen rund um Peking finden Sie hier. Aktuelles finden Sie auf den Social Media Kanälen der Paralympics Zeitung auf Twitter, Instagram und Facebook.

Frau Forster, zweimal Gold, zweimal Silber – wo bewahren Sie die Medaillen der diesjährigen Paralympics auf? 

Tatsächlich liegen die hier in meinem Nachtkästchen. Eins, zwei, drei – sind alle da (Das Interview wurde kurz vor ihrer vierten Siegerehrung geführt, Anm.d.R.). Ich hatte sie kurz mal in diesen Schatullen und dann ist mir aufgefallen, ich brauche sie doch immer wieder und es lohnt sich irgendwie nicht, die darin zu verstauen. Deswegen liegen sie jetzt zusammengewurschtelt in meinem Nachtkästchen.

Die Goldmedaille im Slalom war am Samstag der krönende Abschluss Ihrer Spiele. Wie groß war der Druck auf eine Medaille, die viele und Sie selbst vor den Spielen schon eingeplant hatten?

Gerade im Slalom war es am Start nicht ganz einfach, sich komplett auf den Lauf zu fokussieren und einfach Gas zu geben, weil ich natürlich im Hinterkopf hatte: Boah, die Medaille ist mir echt wichtig und ich muss jetzt schauen, dass ich mich noch mal pushe, weil die Chinesinnen auch echt stark unterwegs sind und sicherlich auch keine Medaille verschenken. Von daher war es heute auf jeden Fall noch mal eine besondere Situation.

Wie haben Sie die chinesische Konkurrenz im Ski Alpin wahrgenommen?

In meiner Kategorie waren teilweise vier oder fünf Chinesinnen am Start und zwei von denen waren auch echt stark dabei. Hut ab, dass sie sich innerhalb kürzester Zeit so derartig hochgearbeitet haben und einfach alles reinlegen und Gas geben. Ich denke, in anderen Kategorien ist gerade die Klassifizierung auf jeden Fall diskutabel. Da sind ein paar dabei, bei denen es fragwürdig ist, ob das alles richtig klassifiziert wurde. Das wurde auch schon vor den Spielen kritisiert, aber leider nicht mehr überprüft.

Welche Ihrer vier gewonnen Medaillen hat für Sie die größte Bedeutung?

Oh, das ist wirklich schwierig. Bei den Spielen war auf jeden Fall die von der Kombination sehr wertvoll, weil ich nicht gedacht hätte, dass ich das nach dem Super-G noch schaffe. Das war schon echt nervenaufreibend für mich, aber umso schöner, dass es irgendwie noch geklappt hat. Ich habe mir vorgenommen, das zu bestätigen, was ich in Pyeongchang erreicht habe und dass ich das jetzt wirklich schaffen konnte, ist ein unglaubliches Gefühl.

Die Goldmedaille in der Super-Kombination oder als Fahnenträgerin bei der Eröffnungsfeier – was war das Highlight Ihrer Spiele?

Highlight war auf jeden Fall das Reintragen der Fahne ins Stadion. Die Eröffnungsfeier ist immer etwas Besonderes, weil immer eine gute Stimmung ist und es der Startschuss für die Spiele ist. Das war echt eine ganz besondere Ehre für mich.

Ihre Zimmernachbarin Andrea Rothfuss hat überraschend Bronze im Riesenslalom gewonnen. War das auch für Sie einer der schönsten Momente der Spiele?

Absolut. Andi hat so hart gekämpft die letzten Jahre und in ihrer Kategorie sind so viele neue und junge Athletinnen dazugekommen. Da war es wirklich nicht mehr einfach, eine Medaille zu holen. Aber sie hat auf den Punkt ihre Leistungen abrufen können und das ist schon echt bemerkenswert. Ich habe mich sehr, sehr, sehr mit ihr mitgefreut und bin super happy, dass sie bei ihren fünften Spielen auch mit einer Medaille heimfahren kann.

Andrea Rothfuss rührte die Bronzemedaille bei der Zeremonie zu Tränen.
Andrea Rothfuss rührte die Bronzemedaille bei der Zeremonie zu Tränen.

© IMAGO/Xinhua

Vor dem Abflug nach Peking waren Sie etwas skeptisch, Vorfreude auf die Paralympics wollte nicht so richtig aufkommen. Wie fällt Ihr Resümee der Spiele aus?

Seit wir hier sind, ist es echt entspannt. Davor gab es halt diese PCR Tests, die negativ sein mussten, die ganzen Formulare, die man ausfüllen musste und das ganze Drum und Dran war wirklich anstrengend. Im Dorf selbst habe ich mich gut, sicher und wohlgefühlt. Klar, es ist auf jeden Fall eine andere Stimmung als bei den letzten oder den vorletzten Spielen, weil man in der Bubble ist und sonst nicht viel mitkriegt. Aber es ist doch alles besser, als ich es erwartet hatte.

Mit vier Medaillen enden Ihre bisher erfolgreichsten Paralympics. Realisieren Sie schon, was Sie geschafft haben?

Das setzt sich erst so nach und nach, so ganz greifen kann ich es noch nicht. Ich glaube, wenn ich daheim bin und von den Leuten aus meiner Region Rückmeldungen bekomme, wird es mir auch bewusster. Ich versuche noch den letzten Tag morgen zu genießen und unsere Jungs im Slalom anzufeuern. Ich glaube, das checkt man echt erst so ein, zwei Wochen nachdem die Spiele rum sind.

Wie wichtig war Ihnen auf der Piste die Unterstützung des Ski-Alpin-Teams?

Ich finde es unheimlich wichtig, dass man sich im Team gegenseitig unterstützt. Das macht unser Team so stark, dass wir wirklich für die anderen da sind und anfeuern, wenn sie am Start sind. Es ist einfach schön zu sehen und macht auch Spaß, auf der Tribüne zu sitzen und mitzufiebern.

Bei den Olympischen Spielen wurden abseits der Wettkämpfe fleißig Pins zwischen den verschiedenen Nationen getauscht. Machen Sie das bei den Paralympics ebenfalls? 

Ja, das ist immer eine ganz große Sache, und die Chinesen sind sehr fleißig im Tauschen, das ist wirklich der Hammer. Man hat diese Pins an dem Bändel von der Akkreditierung dran und wenn man an Volunteers oder Security vorbeiläuft, halten die einen immer auf und sagen: You want to change pins? Das ist ganz lustig, aber irgendwann gehen einem halt die Pins aus.

Aber Sie konnten schon einige Pins sammeln?

Ja, mein Band ist voll.

Anna-Lena Forster gewann bei ihren fünf Starts in Peking vier Medaillen.
Anna-Lena Forster gewann bei ihren fünf Starts in Peking vier Medaillen.

© dpa

Möchten Sie weiter Andenken aus Peking mit nach Deutschland nehmen?

Ich habe durch meine Medaillen vier von diesen hier bekommen (hält ein Stofftier in die Kamera, Anm.d.R.). Das heißt, was Maskottchen angeht, bin ich versorgt. Wenn wir bei der Medaillenzeremonie in diesem Raum warten müssen, kriegen wir auch immer Geschenke, irgendwelche Sticker, Postkarten oder sowas. Das ist echt ganz nett hier.

Sie haben, genau wie Teamkollegin Paula Brenzel, lackierte Fingernägel mit Deutschland-Flagge. Haben Sie das in China gemacht?

Ja genau. Wir waren im Nagelstudio hier und haben es uns gut gehen lassen.

Am Montag geht der Flieger zurück nach Deutschland. Wie stellen Sie sich den Empfang in der Heimat vor?

Was auf jeden Fall schon mal steht, ist ein kleiner Empfang am Olympiastützpunkt in Freiburg, weil einige Sportler aus Freiburg sehr erfolgreich waren. Ansonsten wurde mir schon nach der Weltmeisterschaft angedroht, dass es so oder so einen Empfang geben wird, egal was ich in Peking mache. Mein Dorf ist da immer sehr hinterher und stellt da echt Großartiges auf die Beine. Ich bin wirklich gespannt, was sie sich dieses Mal überlegen und freue mich auch schon drauf. Ich freue mich generell total, dass die Leute daheim sitzen, nachts aufstehen und mit mir mitfiebern. Das ist einfach ein wunderbares Gefühl.

Seit den vier Titeln bei der Para-WM im Januar standen Sie mächtig unter Druck. Wie sehr freuen Sie dich darauf, dass dieser Druck zu Hause auch mal abfällt?

Darauf freue ich mich total. Einfach mal heimkommen, entspannen. Auch mal ein paar Wochen lang nicht trainieren und wirklich mal machen, was man will. Das muss auch mal sein. Wir hatten echt eine sehr anstrengende Saison, auch mit der Weltmeisterschaft. Da ist es enorm wichtig, dass man jetzt einfach mal guckt, was einem selbst guttut.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false