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Sport: Der Klang im Team

Tiger Woods will die USA im Ryder Cup zum Sieg über Europa führen

Da sitzt er, ganz der Partylöwe: Im weißen Dinnerjacket, mit roter Rose in der Hand. Umringt von Damen im schwarzen Abendkleid. Ein Monty bester Laune sozusagen, mit breitem Lächeln auf dem Gesicht – wohl wissend, dass dieses Ryder-Cup-Dinner am Mittwochabend wie gemacht ist für einen wie ihn. Mit seinem sprachlichen Witz, seinem Hang zur Selbstdarstellung zieht Profigolfer Colin Montgomerie die Aufmerksamkeit fast magisch auf sich.

Zwölf Stunden später kann man ihn wiedersehen, diesmal auf dem Platz des K-Clubs, gehüllt in Regenkleidung gegen die heftigen Schauer, die Hurricane Gordon mit seinen Ausläufern dieser Tage in die Region Dublin bringt. Der Wind bringt das Gestänge der Tribünen zum Klirren, einer der zwei riesigen Parkplätze ist bereits im Schlamm versunken und die sonst so lautstarken irischen Fans, von denen gut 40 000 auch am Donnerstag zum K-Club gekommen sind, verstummen unter Regenschirmen und langen Kapuzenjacken. Kurzum: Dies ist ein eher unwirtlicher Ort, was Colin Montgomerie jedoch nicht davon abhält, in bester, aber durchaus kämpferischer Stimmung über den Platz zu marschieren. An seiner Führungsrolle in diesem wohl besten europäischen Ryder-Cup-Team aller Zeiten kann kein Zweifel bestehen.

Ihn wollen die Amerikaner ab Freitag beim Ryder Cup, dem Golfduell der Kontinente Amerika und Europa, schlagen, hat Stewart Cink auf US-Seite in einem Interview enthüllt. Wenn man mit Montgomerie den Anführer zu Fall brächte, wäre der Rest von Europas Team nur noch halbe Arbeit. „Das ehrt mich“, hat Montgomerie dazu lachend gesagt. Er weiß, dass die Historie im Ryder Cup ganz auf seiner Seite ist. Noch nie hat er ein Einzel verloren. „Er ist der, zu dem alle aufsehen“, hat Europas Ryder-Cup- Kapitän von 2002, Sam Torrance, erläutert. „Er ist so gut, wie man nur sein kann.“ Und so trägt der Schotte, der zwar sieben Mal in Folge die europäische Geldrangliste gewonnen hat, nie aber ein Major-Turnier, die nächsten drei Tage einen Zweikampf mit Tiger Woods aus. Der Weltranglistenerste, der Montgomerie in der Bilanz als Einzelspieler weit überragt, kann ihm mit seiner mäßigen Ryder-Cup-Bilanz aus früheren Jahren nicht das Wasser reichen.

Trotzdem ist Woods in diesem Jahr die Rolle des Teamführers zugefallen. Auch deshalb, weil erfahrene Spieler wie Fred Couples oder Davis Love III zum ersten Mal fehlen. Deren Benehmen und Verhalten hat Woods während der vergangenen Ryder Cups studiert: „Ich habe mich einfach zurückgelehnt und gelernt. Das ist das, was man als Junger im Team eben macht: Lernen und hoffen, dass man selbst irgendwann, wenn man diese Rolle übernimmt, den Job genauso gut erfüllt.“ Woods ist zumindest am Mittwoch nicht viel Zeit geblieben, sich um sein Team zu kümmern: Ein irisches Magazin hatte gefälschte Nacktfotos von Ehefrau Elin veröffentlicht, eine Tatsache, die Woods während der täglichen Pressekonferenz scharf verurteilte und wohl auch juristisch zu ahnen gedenkt. Elin Woods, die vor ihrer Heirat als Model für Bade- und Sportmode gearbeitet hatte, tauchte angesichts des Medienrummels erst einmal unter.

Für Woods die Möglichkeit, sich ganz auf seine Kollegen zu konzentrieren. „Hoffentlich kann ich den Klang im Team bestimmen und einen frühen Punkt machen“, sagte er vor dem Beginn der ersten Vierer-Matches am Freitag. „In den letzten Jahren habe ich das ja nie geschafft.“ Diesmal, da ist sich Woods sicher, ist alles anders. Seine bisherigen Ryder-Cup-Erfahrungen hat er den vier Neulingen im US Team – Brett Wetterich, Vaughn Taylor, Zach Johnson und J.J. Henry – im Verlauf eines Abendessens in Akron nahegebracht. Kapitän Tom Lehman hat er erst danach davon erzählt. „Tiger ist tatsächlich aufgestanden und hat Verantwortung übernommen“, resümiert Lehman erfreut.

So pudelwohl wie Montgomerie kann Woods sich bei diesem Ryder Cup trotzdem nicht fühlen. Der Schotte verbindet mit dem Teamwettbewerb die besten Momente seiner Karriere. 2004, an einem Tiefpunkt seines sportlichen wie privaten Lebens angelangt, holten ihn die Kollegen ins Team zurück. „Diese Wild Card, die mir Bernhard Langer da gegeben hat, war entscheidend für meine Karriere. Damals war ich 41 und es sah nicht gerade toll aus.“ Montgomerie mutierte zu Europas Star, lochte den Putt zum Gewinn des Ryder Cups, ist seitdem auch spielerisch wieder top.

Die derzeit katastrophalen Spielbedingungen mit Wind und Regen können ihn deshalb nicht schrecken. Im strömenden Regen zogen am Mittwoch und Donnerstag Montgomerie und seine Kollegen ihre Runden, schrieben zig Autogramme und witzelten mit den Fans. Das Wasser lief Montgomerie dabei über das Gesicht, die Haare waren klitschnass und die Hände klamm. Aber das Lächeln auf seinem Gesicht sprach Bände: Bei diesem Ryder Cup fühlt sich Colin Montgomerie zu Hause.

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