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Mehr Geld, mehr Macht. Darum geht es Fifa-Chef Infantino.

© REUTERS/FiFA

Die kranke Logik der Fifa: Das bisschen Nostalgie ist nur vorgeschoben

Die Fifa hat ihre Pläne für die Fußball-WM 2030 präsentiert. Sie soll in sechs Ländern auf drei Kontinenten stattfinden. Um das Wohl des Fußballs geht es dabei sicher nicht.

Ein Kommentar von Stefan Hermanns

Das hätte man der Fifa jetzt gar nicht zugetraut: Der Fußball-Weltverband, diese erwiesen turbokapitalistische Vereinigung, scheint tatsächlich zu so etwas wie nostalgischen Anwandlungen fähig zu sein.

Dabei zeichnen sich internationale Sportverbände eher durch eine nüchterne, rein profitorientierte Geschäftspolitik aus. Siehe das Internationale Olympische Komitee, das die Spiele 1996 eben nicht an Athen vergeben hat, sondern ihren 100. Geburtstag lieber in Atlanta begehen wollte, dem Standort des wichtigen IOC-Sponsors Coca-Cola.

Die Fifa scheint da ein bisschen geschickter zu sein. Wenn sich 2030 die erste Fußball-Weltmeisterschaft zum 100. Mal jährt, wird die WM-Endrunde genau dort beginnen, wo das erste Turnier im Juli 1930 zu Ende gegangen ist: in Uruguays Hauptstadt Montevideo.

Damit reicht es dann aber im Grunde auch schon mit der Nostalgie. In Südamerika, genauer gesagt in Argentinien und Paraguay, sollen noch exakt zwei weitere der insgesamt einhundertvier WM-Spiele stattfinden. Danach, so der Plan der Fifa, zieht das Turnier weiter nach Europa (Spanien, Portugal) und Nordafrika (Marokko).

Nächster Schritt: Interplanetarische Wettbewerbe

Nachdem also 2026 erstmals 48 Teams an der WM teilgenommen und die Spiele in drei Ländern (USA, Kanada, Mexiko) stattgefunden haben werden, wird der Gigantismus des Fußball-Weltverbandes Fifa bereits vier Jahre später eine neue Stufe erklimmen. Sechs Austragungsländer auf drei Kontinenten: Das gab es noch nie.

Von nun an ist also nur noch ein kleiner Schritt für die Menschheit, bis die Vision des früheren Fifa-Präsidenten Sepp Blatter Wirklichkeit wird. Knapp zehn Jahre ist es her, dass der Schweizer von interplanetarischen Wettbewerben schwadroniert hat. Man hat ihn damals für ein bisschen gaga gehalten. In der Fifa-Welt gilt er vermutlich als großer Visionär.

Das alte WM-Format (ein Turnier, ein Land) ist schon lange tot, geopfert auf dem Altar des Größenwahns. Es gibt auf dieser Welt so gut wie keinen Staat, der noch in der Lage wäre, eine Mammut-WM infrastrukturell und logistisch zu bewältigen.

Man kann das alles daher nur für einen gewaltigen Irrsinn halten: den Gigantismus, die Profitgier, die Verschwendung und die Ignoranz gegenüber ökologischen Notwendigkeiten. Es sei denn, man sieht es mit den Augen von Fifa-Präsident Gianni Infantino, der sich zu seinem Vorgänger Blatter verhält wie der Chef eines internationalen Drogenkartells zu einem Taschendieb: „In einer geteilten Welt vereinen sich Fifa und Fußball“, hat er nach der Vorstellung seiner Pläne für 2030 gesäuselt.

Aus seiner Sicht ist diese Entwicklung nur logisch. Aber es ist eine kranke Logik. Es geht nicht „for the good of the game“, um das Wohl des Fußballs, wie es ein Slogan des Verbands behauptet. Es geht einzig um das finanzielle Wohl der Fifa selbst, um ihren größtmöglichen Profit.

Das wird sich nicht nur 2030 zeigen. Das wird sich vor allem 2034 zeigen, wenn die kranke Logik der Fifa erst zur vollen Entfaltung gelangt. Weil der Verband 2030 mit einem Streich die Kontinente Europa, Afrika und Südamerika als WM-Ausrichter abgeräumt hat, ist bei der Endrunde 2034 nach dem Rotationsprinzip entweder Ozeanien oder Asien an der Reihe. Gianni Infantino ebnet Saudi-Arabien den Weg. Darum geht es, und dafür nimmt er sogar ein bisschen Nostalgie billigend in Kauf.

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