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Faldo

© AFP

Golf: Erst selbstsüchtiger Idiot, jetzt Kapitän

Ein gewandelter Nick Faldo führt Europas Golfer im Ryder Cup gegen die USA.

Eine Woche lang, so sagt er, spiele er das „Mutter-Huhn“. Großartig sei das. „Die Jungs hier sind ein ganz spezieller Trupp.“ Die selbsternannte Henne trägt eigentlich den Namen Nick Faldo. Ein Name, der im internationalen Golfsport gleichgesetzt wird mit dem besten Golfer, den Europa jemals hatte, einem sechsmaligen Majorsieger und elfmaligen Ryder-Cup-Teilnehmer. Geht es um den Kontinentalwettkampf zwischen den USA und Europa ist der Mann ein Ass. Kein anderer Spieler hat für Europa ähnlich viele Punkte geholt, Gegner derartig verschreckt und gedemütigt. In dieser Woche nun ist der 51-jährige Engländer beim 37. Ryder Cup im Valhalla Golf Club von Louisville/Kentucky der Kapitän.

Das Team, das vor ihm steht, ist jung. Selbst der 37-jährige Padraig Harrington hat Nick Faldo nie zu seinen besten Zeiten als Gegner erlebt, geschweige denn mit ihm einen Ryder Cup, den wichtigsten Mannschaftswettbewerb im Golf, bestritten. Das ist wohl auch besser so – ansonsten wäre es um die Harmonie in der Mannschaft schlecht bestellt. Faldo, der dreimal die British Open und dreimal das US Masters gewann, hat sich nie bemüht, Everybody’s Darling zu mimen. Seine Ich-Bezogenheit ist Legende. „Mit Nick Faldo zu spielen ist, als drehe man allein seine Runde. Es dauert nur länger“, hat der Brite Sandy Lyle einmal seine Erfahrungen mit dem einstigen Weltklassegolfer beschrieben.

Selbst bei Ryder-Cup-Auftritten war dem Mann, der noch heute von sich sagt, er habe „jedes Turnier wie ein mathematisches Problem behandelt“, kaum eine freundschaftliche Empfindung für seine Mitstreiter zu entlocken. „Faldo bringt einem die Punkte“, antwortete der Ryder- Cup-Kapitän Bernard Gallacher einst auf die Frage, was Faldo als Mensch ins Team einbringe. „Ich war ein selbstsüchtiger Idiot, wenn man es genau wissen will“, kommentiert Faldo heute sein Verhalten. „Mein großer Held war Björn Borg und ich wollte einfach genau so sein wie er. Ich war vollkommen fokussiert.“ Umso überraschter ist, wer den legendären Eisklotz von einst Dienstag morgens im Valhalla Golf Club um 7.45 Uhr vor der ersten Trainingsrunde am ersten Abschlag bei einem eher emotionalen Gespräch erlebt. Über die Gefühle, die jeden Spieler am Freitagmorgen, bei Beginn des Ryder Cups bewegen werden, wollte er mit dem Team sprechen, begründet Nick Faldo.

Paul Azinger, dieser Tage sein Gegenspieler in der Rolle des Kapitäns für das amerikanische Team, hat während Faldos Zeit als Top-Spieler stets zur Gruppe seiner Feinde gezählt. „Zinger“, wie man den Amerikaner nannte, war ein ähnlich entschlossener Kämpfer, dem Faldo oft in entscheidenden Situationen begegnete. 1993 traf sich das Duo am Schlusstag des Ryder Cups zum Einzel. Die Atmosphäre war eisig und wurde auch nicht besser, als Nick Faldo am 14. Loch ein Ass schlug. „Mit all’ dem Getöse, was sie dann alle an dem Loch um ihn gemacht haben, habe ich mich erst einmal auf eine Bank an Bahn 15 gesetzt“, erinnert sich Azinger inzwischen mit einem Lächeln. Das Match haben sie am Ende am 18. Loch geteilt. Die beiden Männer sind älter geworden, die Verbissenheit als Spieler ist dahin. Die Feinde von einst kommentieren inzwischen aus der gleichen Box für den gleichen Fernsehsender, drehen gemeinsame Werbespots, gehen auch mal Abendessen. „Wir sind Freunde geworden“, meinte Nick Faldo zu Wochenbeginn.

Doch wer ihn kennt, weiß, dass Faldo mit dem Alter sein eigenes Golfspiel zwar milder betrachten mag, in der Rolle des Kapitäns aber ebenso verbissen um jeden Punkt kämpfen wird wie früher. Punkte sind ihm noch immer wichtiger als Freundlichkeiten: „Wenn einer den ganzen Abend an die Wand starrt und dafür alle Punkte holt, ist er mein Mann“, kommentierte er die Frage, ob er von seinen Spielern viel Kameradschaft und Emotionen erwarte. Europa ist seit 2002 im Ryder Cup ungeschlagen. Daran soll sich nichts ändern: Nick Faldo hat auch als Kapitän seine Lust am Siegen nicht verloren.

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