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Sport: Laufen für ein Sperrkonto - Geld ist El Guerrouj egal, er will nur Weltrekorde brechen

Anstatt 100 000 Dollar zu verdienen, warf Hicham El Guerrouj lieber ein paar Kusshändchen ins Publikum. Auf den letzten Metern eines großen 1500-m-Finales, als feststand, dass der Marokkaner seinen Titel verteidigen würde, wurde der 24-Jährige langsamer und freute sich, anstatt mit vollem Tempo durchzulaufen.

Anstatt 100 000 Dollar zu verdienen, warf Hicham El Guerrouj lieber ein paar Kusshändchen ins Publikum. Auf den letzten Metern eines großen 1500-m-Finales, als feststand, dass der Marokkaner seinen Titel verteidigen würde, wurde der 24-Jährige langsamer und freute sich, anstatt mit vollem Tempo durchzulaufen. So tickten die Sekunden am Weltrekord von 3:26,00 Minuten vorbei, und Hicham El Guerrouj lief mit 3:27,65 lediglich die fünftschnellste Zeit aller Zeiten. Dass er dadurch die 100 000-Dollar-Weltrekordprämie verschleuderte, ärgerte den Marokkaner jedoch nicht im Geringsten. "Ich wollte den Augenblick genießen und lieber meiner Familie, meinen Freunden und den Menschen in Marokko zuwinken. Es ging mir nicht um den Weltrekord - den habe ich ja schon", sagte Hicham El Guerrouj, der für seinen Sieg aber immerhin noch 60 000 Dollar erhielt.

"Geld spielt für ihn keine Rolle", erklärte sein Manager Aziz Daouda. "Seine Einkünfte werden direkt auf die Bank überwiesen und landen auf einem Konto, das verschlossen ist." Der schnellste 1500-m-Läufer der Welt besitzt demzufolge ein Sperrkonto, das erst zum Karriereende geöffnet werden soll. "Nein, wir schauen nicht nach und kennen keinen Kontostand", erklärte der Manager für den nicht Englisch sprechenden Hicham El Guerouj. "Umso größer wird am Ende die Überraschung sein." Bevor der marokkanische Nachfolger Said Aouitas abtritt, dürfte aber noch die eine oder andere Million Dollar verbucht werden. Denn ein Karriereende ist für den 24-Jährigen noch längst kein Thema. Hicham El Guerrouj hat für die Zukunft noch große Pläne. Beim Golden-League-Meeting in Brüssel am 3. September startet der Weltrekordler zum ersten Mal über eine Langstrecke.

"In Brüssel leben viele Marokkaner. Wir wollen ihnen mit diesem 3000-m-Lauf etwas besonderes bieten - vielleicht einen Weltrekord", sagte Aziz Daouda. Die Bestzeit über diese Strecke gilt als eine der hochkarätigsten der Laufdistanzen. 7:20,67 Minuten lief der Kenianer Daniel Komen 1996 in Rieti, und selbst der Äthiopier Haile Gebrselassie ist bisher nicht annähernd an diese Zeit herangekommen. Doch Aziz Daouda traut seinem Athleten noch einiges zu: "Ich habe schon 1979 gesagt, dass über 1500 m eine Zeit unter 3:30 Minuten möglich ist und es über 5000 m Ergebnisse unter 13 Minuten geben wird. Damals wurde ich für verrückt erklärt. Doch Said Aouita lief dann als Erster diese Zeiten, und heute erreichen das viele. Heute sage ich, Hicham kann 3:24 und 12:10 Minuten laufen."

"Ich möchte alle Weltrekorde brechen - von 1500 bis 5000 Meter", sagt Hicham El Guerrouj, der dafür aber zumindest Tempomacher benötigen wird. Einen solchen hatte er auch im Finale. Offensichtlich opferten die Marokkaner den ohnehin im Medaillenkampf aussichtslosen Adil Kaouch, was El Guerrouj später erfolglos bestritt. Zu offensichtlich war, dass der später abgeschlagene Kaouch für hohes Tempo sorgen sollte, um so die in einem langsamen Rennen spurtstarken und auch für El Guerrouj gefährlichen Spanier auf Distanz zu halten. Die Taktik funktionierte, die Marokkaner durften jubeln. Und die Anerkennung auch des neuen Königs Mohammed VI ist Hicham El Guerrouj gewiss. Aziz Daouda sagte: "Wir haben in Marokko keine Sponsoren für die Leichtathletik, aber dafür haben wir den König."

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