zum Hauptinhalt
Para-Bob stand kurz vor der Aufnahme. Es fehlt jedoch an ausreichend internationaler Konkurrenz.

© IBSF/ Girts Kehris

Vielfalt bei den Paralympics: Mancher Sportart fehlt es an Konkurrenz

15 Sportarten sind offiziell bei den Olympischen Winterspielen zugelassen. Bei den Paralympiscs sind es nur sechs. Wie schafft es eine neue Sportart ins Programm?

Von Lilith Diringer

An dieser Stelle berichtete das Team der Paralympics Zeitung, ein Projekt von Tagesspiegel und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Alle Texte zu den Spielen rund um Peking finden Sie hier. Aktuelles finden Sie auf den Social Media Kanälen der Paralympics Zeitung auf Twitter, Instagram und Facebook.

Begonnen hatten die ersten Paralympischen Winterspiele 1976 in  Örnsköldsvik mit 250 rein auf Ski antretenden Athletinnen und Athleten. Para-Ski-Alpin und Para-Ski-Nordisch sind somit seit der Geburtsstunde dabei. Para-Eishockey zählt seit den Winterspielen 1994 in Lillehammer zum festen Bestandteil des Programms. Eine weitere Mannschaftssportart, die sich inzwischen sehr großer Beliebtheit erfreut, suchte 2006 in Turin das erste Mal einen Sieger: Rollstuhlcurling. 2014 kam Para-Snowboard in Sotschi als bislang letzte Sportart hinzu. Kurz vor der Aufnahme ins paralympische Programm stand zuletzt immer wieder der Para-Bob-Sport.

Nachdem sich das Internationale Paralympische Komitee (IPC) 2016 gegen die Aufnahme von Para-Skeleton entschied, wurde Para-Bob für die Winterspiele in Peking gehandelt. Warum aber gab es in den vergangenen Tagen keine spannenden Bob-Rennen, über die berichtet werden konnte? Die Aufnahme in den paralympischen Wettkampfplan war an strenge Auflagen gebunden: in den Wintersaisons 2016/2017 sowie 2017/2018 hatten mindestens je sechs Weltcup-Rennen sowie eine Weltmeisterschaft stattfinden sollen. Mindestens zwölf verschiedene Nationalitäten aus drei Regionen mussten vertreten sein. Der internationale Para-Bob-Sport konnte diese Kriterien bislang nicht erfüllen.

„Das nagt an einem. Wir haben vom IPC Vorgaben erhalten, die wir erreichen mussten – und das auch regelmäßig getan haben. Hier geht es zum Beispiel um die generelle Nationenanzahl und die Anzahl an Sportlerinnen und Sportler. Während eines Meetings hat das IPC das Reglement dann nochmal geändert und die Mindestanzahl hochgesetzt. Also weitere vier Jahre warten. Das ist unter aller Kanone, wenn man sich überlegt, wie viele Millionen Euro in den Jahren schon geflossen sind und was Menschen alles möglich machen, um den Sport auszuüben. Da ist weder Transparenz noch Zuverlässigkeit vorhanden“, sagt Deutschlands erfolgreichster Para-Bob-Pilot Niko Johann im Interview mit der „Paralympics Zeitung“. Auch bei den Winter-Paralympics 2026 in Mailand wird es keine Medaillen für Para-Bob-Piloten geben. Zu wenige aktive Nationen – so die Begründung des IPC-Vorstands. Statt der Mindestanzahl von zwölf seien nur zehn Länder ausreichend aktiv.

Sackhüpfen und Weitspucken waren mal olympisch

Para-Bob und Para-Skeleton sind nicht die einzigen ambitionierten Sportarten, die sich beim IPC um die Aufnahme bewerben. Sechs Sportarten wollten beispielsweise bei den Sommerspielen 2024 neu dabei sein. Dazu zählten neben Para-Segeln, Para-Karate, Para-Tanzsport, Para-Golf und E-Rolli-Fußball, die keine weitere Berücksichtigung in der Auswahl fanden. „Fußball CP“ (oder „Football 7-a-side“, gespielt von Menschen mit einem cerebralen Handicap) war bis 2016 paralympisch und flog für Tokio aus dem Programm. Auch in Paris wird das so bleiben – das IPC verwies auf die unzureichende Entwicklung des Sports bei Frauen.

Die Vorbereitungen für die Sportverbände mitsamt der einzureichenden Unterlagen sind umfassend, denn dem IPC müssen Berichte über die Aufstellung der Verbände, über das Regelwerk und die weltweite Verbreitung der Sportarten sowie die vierjährigen Wettkampfprogramme überreicht werden. Auch die Anti-Doping-Maßnahmen müssen dokumentiert eingehen.

Selbst wenn all diese Dokumente das IPC überzeugen und die Auflagen erfüllt werden, ist die Aufnahme ins Programm nicht sicher. Jede Sportart wird regelmäßig auf ihre Berechtigung hin geprüft. Tatsächlich sind auch auf olympischer Ebene immer wieder Sportarten aus dem Programm genommen worden. Neben Weitspucken und Sackhüpfen – in denen einst Medaillen vergeben wurden – auch zweitweise eine etablierte Sportart wie Curling. Die Argumente für eine Absage sind vielfältig. Meist fehlt es an einer ausreichenden Anzahl professioneller Sportlerinnen und Sportler in der Sportart oder eben – wie am Beispiel Para-Bob – an einer zu geringen Anzahl internationaler Konkurrenten. Auch mangelndes Zuschauerinteresse oder ein fehlendes institutionelles Gefüge können Ausschlusskriterien sein.

Wann und ob weitere Sportarten ins Programm der Paralympics aufgenommen werden, bleibt somit im Ungewissen. Neben Para-Bob kämpft auch Para-Skeleton weiter um die Aufnahme: „Wir werden jetzt weiter eng mit dem IPC zusammenarbeiten, um die Disziplin Para-Skeleton weiterzuentwickeln und uns zum nächstmöglichen Zeitpunkt erneut zu bewerben“, sagt der Präsident der internationalen Bob- und Skeleton-Vereinigung Ivo Ferriani. Wenn Verbände und alle Mitwirkende die Bewerbung vorantreiben, könnte bald mit einer größeren Vielfalt an Sportarten während der Spiele zu rechnen sein. Bis jedoch Medaillen an Para-Eistänzerinnen und -Eistänzer vergeben werden, muss sich die Sportwelt noch eine ganze Weile gedulden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false