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Jennifer Hermoso nach dem Sieg gegen England.

© dpa/PA Wire/Isabel Infantes

Update

Nach Kuss-Eklat bei der WM: Spanischer Fußballverband trifft sich zur Krisensitzung

Erst am Samstag wurde Verbandschef Rubiales suspendiert, der Trainerstab der Nationalmannschaft trat zurück. Nun ist für Montag eine Dringlichkeitssitzung mit den Regionalverbänden angesetzt.

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Nach dem Kuss-Eklat und der Suspendierung des Verbandspräsidenten Luis Rubiales tagt an diesem Montag (16.00 Uhr) erneut der spanische Fußball-Verband RFEF. Die RFEF lud die Regionalverbände zu einer Dringlichkeitssitzung in Madrid ein, wie spanische Medien berichteten.

Die Initiative sei von Interimspräsident Pedro Rocha ausgegangen. Er gilt als enger Vertrauter von Rubiales. Laut Medien geht es nicht um grundlegende Entscheidungen, sondern um das Tagesgeschäft in der Übergangsphase.

Erst am Samstag hatte fast das gesamte Trainerteam der spanischen Weltmeisterinnen aus Solidarität mit der Spielerin Jennifer Hermoso seinen Rücktritt erklärt. Cheftrainer Jorde Vilda, der bisher fest zu Verbandschef Luis Rubiales steht, verlor damit sein gesamtes Team, wie die spanische Zeitung „Mundo Deportivo“ und andere Medien am Samstag berichteten.

Auch Trainer und Trainerinnen von Jugendmannschaften hätten sich dem Schritt angeschlossen, darunter auch die für die Mannschaften der U19 und U17 zuständigen Sonia Bermúdez und Kenio Gonzalo.

In einer Erklärung, die den Zeitungen vorlag, kritisierten die Unterzeichnenden das Verhalten von Rubiales und dessen aggressive Rede vom Vortag. So seien vor allem weibliche Funktionäre gezwungen worden, bei der außerordentlichen Sitzung der Generalversammlung des Verbandes in der ersten Reihe zu sitzen, um so den falschen Eindruck zu erwecken, sie stünden zum Fußballboss.

Fifa suspendiert Rubiales

Zuvor hatte die Disziplinarkommission des Fußball-Weltverbandes Fifa den spanischen Verbandsboss Luis Rubiales suspendiert, teilte die Fifa am Samstag mit. Rubiales ist damit für alle fußballbezogenen Aktivitäten auf nationaler und internationaler Ebene gesperrt. Die Sperre gilt vorläufig für 90 Tage, abhängig vom Disziplinarverfahren, das die Fifa am Donnerstag eingeleitet hatte.

Der spanische Verbandschef Luis Rubiales.
Der spanische Verbandschef Luis Rubiales.

© dpa/RFEF

Gleichzeitig ordnete der Weltverband an, dass Rubiales weder persönlich noch durch eine dritte Person Kontakt zu Nationalspielerin Jennifer Hermoso oder ihrem direkten Umfeld aufnehmen darf. Gleiches gelte auch für den Verband RFEF und dessen Funktionäre sowie Mitarbeiter.

Rubiales hatte bei der Siegerehrung nach dem gewonnenen WM-Finale am vergangenen Sonntag Hermoso mit beiden Händen am Kopf gehalten und auf den Mund geküsst. Später räumte er einen Fehler ein, einen Rücktritt lehnte der Verbandsboss auf der außerordentlichen Generalversammlung am Freitag aber ab.

Die Fifa-Disziplinarkommission prüft in ihrem Verfahren einen Verstoß Rubiales’ gegen Artikel 13 des eigenen Reglements, der mit „Beleidigendes Verhalten und Verstöße gegen die Grundsätze des Fairplay“ überschrieben ist. Rubiales ist auch Vizepräsident der Europäischen Fußball-Union Uefa.

Spaniens Nationalspielerinnen wollen streiken

Auf Rubiales' Rücktritts-Verweigerung am Freitag hatte Hermoso mit einer ausführlichen Stellungnahme reagiert, die deutlicher kaum hätte sein können.

„Ich habe mich verletzlich und als Opfer einer impulsiven, sexistischen und unangebrachten Handlung gefühlt, der ich nicht zugestimmt habe. Einfach ausgedrückt, ich wurde nicht respektiert“, schrieb die 33-Jährige in einer auf den sozialen Netzwerken Instagram und X, früher Twitter, verbreiteten Erklärung.

Kurz zuvor hatten alle Spielerinnen des spanischen Teams verkündet, sie würden so lange nicht mehr antreten, wie Rubiales noch im Amt sei. „Es macht uns sehr traurig, dass ein derart inakzeptables Verhalten den größten sportlichen Erfolg des spanischen Frauenfußballs überlagert“, stand in der auf X veröffentlichten Erklärung der Spielerinnengewerkschaft Futpro, die von 81 Fußballspielerinnen unterzeichnet war.

„Nach allem, was bei der Frauen-Weltmeisterschaft passiert ist, wollen wir klarstellen, dass alle unterzeichnenden Spielerinnen nicht in der Nationalelf antreten werden, wenn die aktuelle Führungsriege im Amt bleibt.“

Deutsches Team kritisiert Rubiales scharf

Die deutschen Fußball-Nationalspielerinnen um Kapitänin Alexandra Popp solidarisierten sich Hermoso und kritisieren den spanischen Verbandschef scharf.

„Solch ein Verhalten ist nicht akzeptabel und noch weit untragbarer ist, es auch noch herunter zu spielen und die Spielerin unter Druck zu setzen. Niemand, absolut niemand sollte dies als Kleinigkeit abtun“, heißt es einem unter anderem auf Popps Instagram-Account veröffentlichten offenen Brief, der mit „Mannschaftsrat der deutschen Fußballnationalmannschaft der Frauen“ unterschrieben ist.

„Es war nicht nur der erzwungene Kuss an Jenni Hermoso, sondern auch das Fassen in den Unterleib oder das Tragen von Athenea del Castillo. Sollte ein Funktionär und Repräsentant so etwas tun? NEIN!“, heißt es in dem Schreiben weiter: „Nun müssen wir eigentlich dankbar sein, dass im Überschwang des WM-Finals jemand in Verantwortung wie der spanische Verbandspräsident sein vermeintlich wahres Gesicht gezeigt hat.“

Das Problem sei nicht nur auf den spanischen Fußball beschränkt. „Es ist traurig, wenn auch in der deutschen Fußball-Welt anscheinend noch nicht alle aufgeklärt genug sind, das einschätzten zu können.“

Engländerinnen solidarisierten sich ebenfalls mit Hermoso

Auch US-Star Alex Morgan schrieb, sie sei angewidert. Die im Finale unterlegenen Engländerinnen solidarisierten sich ebenfalls mit Hermoso.

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„Missbrauch ist Missbrauch und wir haben alle die Wahrheit gesehen“, schrieben die Lionesses. „Das Verhalten derjenigen, die sich für unbesiegbar halten, darf nicht toleriert werden und Menschen sollten nicht überzeugt werden müssen, um gegen jede Form von Belästigung vorzugehen.“

Das Verhalten derjenigen, die sich für unbesiegbar halten, darf nicht toleriert werden.

Stellungnahme der WM-Zweiten aus England

Auch die spanische Regierung stellte sich gegen den 46-jährigen Rubiales. Sie werde alles tun, was „in ihrer Macht steht“, damit Rubiales sein Amt verliert, sagte Spaniens geschäftsführende Vize-Regierungschefin Teresa Ribera der Nachrichtenagentur Europa Press.

Spanischer Verband bezichtigt Hermoso der Lüge

Der Verband dagegen veröffentlichte am späten Freitagabend eine Stellungnahme auf seiner Webseite, in der Rubiales verteidigt und Hermoso und der Futpro mit Klagen gedroht wird. Kernpunkt ist Hermosos Aussage, sie habe dem Kuss nicht zugestimmt und Rubiales auch nicht – wie von diesem behauptet – hochgehoben.

Der RFEF stellte vier Fotos online, die den Verbandsboss entlasten sollen, und beschrieb darüber hinaus detailliert die Körperhaltung von Rubiales und Hermoso. Die Bilder seien der Beweis dafür, dass Rubiales nicht gelogen habe.

Auf ihnen ist zu sehen, wie Rubiales von Hermoso gehalten wird, auf zwei davon sind seine Beine in der Luft. Ob die Stürmerin ihn hochgehoben hat oder er von sich aus hochgesprungen ist, lässt sich anhand der kurzen Bilderserie nicht belegen. (dpa)

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