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Deutschland, ich höre nichts. Ralf Rangnick hatte am Dienstag jeden Grund zur Freude.

© IMAGO/Matthias Koch

Ralf Rangnick bringt Österreich nach vorn: Besser als der große Bruder

Der Sieg gegen die deutsche Nationalmannschaft bestätigt den Aufschwung des österreichischen Fußballs. Auch für die EM im Sommer rechnet sich das Land etwas aus.

Nach einem solchen Abend und einem solchen Sieg, da muss natürlich auch ein Anflug von Schadenfreude erlaubt sein. Der Kommentator im ORF hatte fast schon alles gesagt zum 2:0-Erfolg gegen die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, seine Schicht näherte sich dem Ende, als er sich ein letztes Mal dem unterlegenen Gegner widmete. „Morgen deutsche Zeitungen zu lesen, ist was Lustiges“, sagte er.

Die Sympathisanten der österreichischen Nationalmannschaft dürften bei der Zeitungslektüre am Mittwoch ebenfalls auf ihre Kosten gekommen sein. „Oh, wie ist das schön!“, stand beispielsweise auf der Titelseite der „Kronen-Zeitung“. Siege gegen Deutschland, den großen Nachbarn, noch dazu im Fußball, sind eben mehr als nur Siege.

Tief in seinem Inneren sah das vermutlich auch Ralf Rangnick so, der deutsche Teamchef der österreichischen Nationalmannschaft. Jeder, der ihn und seinen Ehrgeiz ein bisschen kennt, konnte ahnen, wie sehr ihn der Gedanke an einen Sieg gegen sein Heimatland angetrieben hatte. Aber nach außen ließ sich der 65-Jährige davon wenig bis gar nichts anmerken. Von Genugtuung wollte er jedenfalls nicht sprechen.

Natürlich sei der Sieg speziell, sagte Rangnick – weil Siege gegen große Fußballnationen wie Deutschland oder vor genau einem Jahr gegen Italien für das kleine Österreich per se speziell seien. Doch immer mehr verlieren solche Erfolge ihren besonderen Charakter.

 Wir haben die Benchmark noch mal höher gesetzt.

Ralf Rangnick, Teamchef der Österreicher, über die Leistung gegen Deutschland

Seit anderthalb Jahren ist Rangnick für Österreichs Nationalteam verantwortlich, und seitdem hat die Mannschaft erkennbare Fortschritte gemacht. „Wenn wir so spielen wie heute, können wir gegen jeden gewinnen. Dann ist es nicht angenehm, gegen uns zu spielen“, sagte er nach dem Sieg gegen die Deutschen. „Wir haben die Benchmark noch mal höher gesetzt.“

Die Qualifikation für die EM im kommenden Sommer hat das Team souverän gemeistert. Bei der Auslosung der EM-Endrunde Anfang Dezember werden sich die Österreicher als bester Gruppenzweiter in Topf zwei wiederfinden. Das ist einerseits Ausdruck ihrer aktuellen Stärke; heißt aber auch, dass ihnen aus Topf drei (Holland) und Topf vier (Italien) höchst anspruchsvolle Gegner zugelost werden könnten.

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Siege hat Österreich in jetzt 41 Spielen gegen Deutschland errungen.

Anders als die frustrierten Deutschen beenden die Österreicher das Länderspieljahr mit einem guten Gefühl. „Der letzte Eindruck von uns war gut“, sagte Xaver Schlager. „Aber für nächstes Jahr heißt das gar nichts. Dann fängt es wieder bei null an.“ Der Mittelfeldspieler von Rasenballsport Leipzig war einer von zehn aktuellen oder ehemaligen Bundesligaspielern in der Startelf der Österreicher. Marcel Sabitzer von Borussia Dortmund erzielte vor der Pause das 1:0, Schlagers Leipziger Teamkollege Christoph Baumgartner traf zwanzig Minuten vor Schluss zum 2:0-Endstand.

Auch wegen der wechselseitigen Verflechtungen hat ein Duell gegen Deutschland für die Österreicher immer einen besonderen Charakter. „Gegen solche Gegner ist die intrinsische Motivation doppelt hoch“, sagte Rangnick. „Trotzdem ist es nur ein Testspiel.“

Der Ernstfall steht erst im kommenden Sommer an. Beim ORF wurde Rangnick nach dem Spiel noch mit seiner angeblichen Aussage konfrontiert, dass er bei der EM im Finale gegen Deutschland spielen wolle. Er habe auf die Frage, ob er sich ein Eröffnungsspiel gegen die Deutschen wünsche, geantwortet: Dann lieber im Finale. Aber das ist im Moment natürlich nur schwer vorstellbar. Wie soll es die deutsche Nationalmannschaft in ihrer aktuellen Verfassung denn ins Finale schaffen?

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