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Skispringen: "Uns sind die Mädchen davongelaufen“

Fis-Direktor Hofer über das Frauen-Skispringen, Olympia in Sotschi und die Schanzenvielfalt

Herr Hofer, warum fliegt beim heutigen dritten Springen der Vierschanzen-Tournee keine Frau mit?

Man muss einfach differenzieren, die Mädchen brauchen mehr Anlauf als die Männer. Es wäre nicht vernünftig, sie bei der Vierschanzen-Tournee nur als Showeffekt zu verwenden. Die Zeit muss vorbei sein, in der man sie einfach hergezeigt hat, weil sie auf einer Großschanze springen können. Das haben wir 15 Jahre lang gemacht, ohne nachhaltigen Effekt.

Welche Zeit ist jetzt angebrochen?

Wir haben eine relativ unruhige Phase hinter uns, was die Mädchen betrifft. Vor sieben Jahren haben wir angefangen, unsere Reglemente geschlechtsneutral gestaltet. Seit dieser Zeit haben wir versucht, eine internationale Serie für die Mädchen ins Leben zu rufen – das ist uns auch gelungen mit dem Continental-Cup. Was uns ein bisschen davongelaufen ist, sind die Mädchen selbst.

Warum?

Wir haben noch keine international homogene Gruppe. Das Gros im Frauen-Skispringen stellen Mädchen zwischen dem 12. und dem 17. Lebensjahr. Die Springerinnen, die im Moment über 20 Jahre alt sind, sind nur noch eine Handvoll. Wir müssen auf die warten, die jetzt nachkommen.

Was ist – abgesehen vom längeren Anlauf – im Frauenskispringen anders als bei den Männern?

Wir haben die Verantwortlichen für das Frauenskispringen beauftragt, mit den Mädchen zusammen das Material zu überdenken. Gegenwärtig springen sie noch mit dem Material der Männer, aber ich glaube, dass sie ein weiblicheres Erscheinungsbild abgeben sollten. Im Sommer wollen sie einige Vorschläge machen, was den Anzug und das äußere Erscheinungsbild betrifft.

Wann wird man Frauen bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen im Skispringen sehen?

Für mich wäre der ideale Zeitpunkt die Weltmeisterschaften in Oslo 2011 gewesen. Aber jetzt sind die Frauen schon im Februar bei der Nordischen Skiweltmeisterschaft in Liberec dabei. Wir hatten auch schon zwei Juniorenweltmeisterschaften, allerdings mit sehr niedrigen Teilnehmerzahlen. Beim ersten Mal waren es knapp über 20 Mädchen, zuletzt hatten wir schon weit über 30. Im Continental-Cup sind gegenwärtig zehn bis zwölf Nationen dabei, aber innerhalb dieser Nationen gibt es eine relativ große Fluktuation. Einige Nationen haben nur ein oder zwei Mädchen, andere 15. Und was den ersten Start bei Olympischen Spielen betrifft – das liegt nicht in unserem Einflussbereich. Die Fis hatte ja den Antrag auf Aufnahme ins Olympische Programm für Vancouver 2010 gestellt.

Er ist abgelehnt worden. Klappt es vielleicht in Sotschi 2014?

Die Frage möchte ich weiterreichen an die zuständigen Herren im IOC.

Wie gehen denn die Planungen in Sotschi voran?

Wir sind ständig in Kontakt, ich war selber schon dort. Und was mir zuerst aufgefallen ist, ich bin mit einer sehr guten Straßenführung dort hingekommen. Es ist ein exzellenter Platz ausgesucht worden, 20 Minuten von Sotschi entfernt. Das wird sicher eine tolle Anlage, und wir hoffen, dass sie uns relativ rasch zur Verfügung steht.

Die dann nach den Spielen möglicherweise als Ruine endet, weil es weltweit immer mehr Anlagen gibt?

Wir haben eine Kuriosität, was die Olympiaanlagen betrifft. Wir haben seit über 30 Jahren keine Kernanlage des Skispringens mehr erwischt. Es hätte uns gutgetan, einmal in Garmisch-Partenkirchen, Oslo oder Planica einen Olympiabau hinzustellen. Aber wir haben faktisch seit 30 Jahren neue Anlagen hinzubekommen, und da ist es klar, dass einige davon im Weltcup nicht immer beteiligt werden. Aber wir versuchen, einen Teil dieser Anlagen im Sommer zu verwenden. Hakuba, Courchevel, Lillehammer. Einige existieren ja nicht mehr. Wie Sarajevo.

Aufgezeichnet von Benedikt Voigt.

Walter Hofer, 53,

ist Renndirektor des Welt-Skiverbandes Fis. Der Österreicher ist seit 16 Jahren

zuständig für das

Skispringen und die Nordische Kombination.

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