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Skiverband-Krise: Der deutsche Wintersport bangt ums Überleben

Der schwer angeschlagene Deutsche Skiverband (DSV) bangt trotz eines Existenzsicherungsprogramms mit seinem TV-Vermarktungspartner Infront ums Überleben. Eine Woche vor dem Weltcup-Auftakt stellt er dem bisherigen Fernsehrechte-Inhaber RTL ein Ultimatum.

"Über die Blockadehaltung kommen wir an einen Punkt, wo es nicht um die Frage von einer Million geht, sondern wo die Existenz des Verbands auf dem Prüfstand steht", sagte DSV-Präsident Alfons Hörmann. Der DSV hat den Kölner Privatsender daher schriftlich dazu aufgefordert, innerhalb eines Monats darüber zu entscheiden, ob man das aus Sicht des Skiverbandes fragwürdige "Matching Offer Right" wahrnimmt. Dieses räumt RTL die Möglichkeit ein, den von Infront im Mai geschlossenen Fernsehvertrag mit dem DSV zu gleichen Konditionen zu übernehmen. Nach Ansicht des DSV gilt dieses Recht, das Bestandteil eines alten Vertrages war, wegen späterer Änderungen des ursprünglichen Kontrakts nicht mehr.

In dem RTL durch den DSV vorgelegten Vertragsausschnitt sind Laufzeit, Rechtepaket, Zahlungsbeiträge und -termine aufgelistet. Der Verband will wegen des Zeitdrucks und möglicher Imageschäden von einer juristischen Klärung des Sachverhaltes absehen. "Spätestens in vier Wochen läuft die Deadline ab. Unsere Juristen sind aber der Meinung, dass dies nicht so lange dauern darf", betonte Hörmann.

Spitzenathleten verzichten zugunsten des Nachwuchses

Weil aufgrund des ungeklärten TV-Vertrages derzeit Einnahmen im zweistelligen Millionenbereich fehlen, hat der DSV alle Maßnahmen unterhalb der Weltcup-Ebene gestoppt. "Leidtragende sind die Kinder und Jugendlichen. Die Nachwuchs-Athleten können ihren Sport nicht mehr ausüben", sagte der DSV-Präsident. Die Spitzenathleten, die von den Sparmaßnahmen nicht betroffen sind, erklärten sich spontan solidarisch und kündigten an, einen finanziellen Beitrag leisten zu wollen. "Wir, die alles bekommen, können zurückstecken und auf Prämien verzichten", sagte Biathlon-Weltmeisterin Magdalena Neuner.

Hörmann nutzte die Geste als Vorlage, um den Druck auf RTL zu erhöhen. "Das sollte unseren Verhandlungspartner in die moralische Verpflichtung nehmen", sagte der DSV-Präsident und fügte hinzu: "Ein Rosenkrieg schadet beiden." Hörmann registrierte in den vergangenen Tagen eine leicht gestiegene Bereitschaft des Privatsenders, mit dem man sieben Jahre lang eine Partnerschaft hatte, "aber wir können keine Millionen-Summen auf den Tisch legen, um das Problem zu lösen". RTL sitze wirtschaftlich am längeren Hebel.

Verband auch mit ARD und ZDF in Gesprächen

Ohne TV-Vertrag würde der Bildschirm bei alpinen und nordischen Weltcups in Deutschland - dazu zählen auch die zwei Springen der populären Vierschanzentournee in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen - schwarz bleiben. Schon die Weltcup-Auftaktveranstaltungen in Düsseldorf (Langlauf) und Sölden (Ski Alpin) werden nicht im Fernsehen zu sehen sein - wenngleich das nichts mit dem jetzigen Streit zu tun hat. Hörmann appellierte daher auch an die öffentlich-rechtlichen Sender, "eine Partnerschaft für die Zukunft vorzubereiten". Der DSV ist mit ARD und ZDF wieder in Gesprächen, bestätigte Hörmann.

Das Existenzsicherungsprogramm sieht vor, dass Infront "die Zahlung einer Summe X" vornimmt. "Das funktioniert nur, wenn RTL nicht über härtere Maßnahmen verhindert, dass Weltcups übertragen werden. Wenn nicht übertragen wird, entsteht ein großer Flurschaden", sagte Hörmann und meinte mit härteren Maßnahmen zum Beispiel eine Einstweilige Verfügung von RTL.

Sollte es keine Einigung geben, befürchtet Hörmann negative Auswirkungen auch für die deutschen Bewerbungen um die Biathlon-WM 2012 in Ruhpolding und die nordische Ski-WM 2013 in Oberstdorf sowie das Münchner Olympia-Projekt 2018. (mit dpa)

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