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Skisprungschanze GAP

© ddp

Sprungschanze: Männer fliegen vom Damenschuh

Die neue Olympiaschanze gibt Garmisch wieder Glanz - auch wenn sie noch einige Mängel aufweist. Zum Beispiel ist der Lift nicht rechtzeitig fertig geworden. Doch auf Dauer sollte alles funktionieren.

Garmisch-Partenkirchen – Weil Jörg Ritzerfeld in der Qualifikation unter den ersten Startern war, hat ihm die neue Große Olympiaschanze von Garmisch-Partenkirchen besondere Schwierigkeiten bereitet. Der 24-Jährige musste zunächst 332 Stufen auf den neuen Anlaufturm hinaufklettern – und nach einer frühen witterungsbedingten Unterbrechung auch wieder hinunterklettern. Anschließend stieg er die 332 Stufen wieder hinauf, nur um nach seinem Sprung zu erleben, dass die Qualifikation vertagt wurde. Weshalb auch am nächsten Morgen die besagte Stufenzahl gleich mehrfach auf ihn warten sollte. Das wiederum könnte ein Grund gewesen sein, warum Jörg Ritzerfeld anschließend auf den viertletzten Platz gesprungen ist. Und sich damit weitere Kletterei beim Neujahrsspringen erspart hat.

Der neue Lift für die Springer ist nicht mehr fertig geworden bei der neuen Großen Olympiaschanze von Garmisch-Partenkirchen. Auch fehlt noch ein Teil der Verkleidung des Anlaufturms, doch das können die Verantwortlichen für den Bau der Schanze gerne verschmerzen. Sie sind froh, dass die neue Anlage überhaupt nach nur achteinhalb Monaten Bauzeit einsatzbereit ist. Rechtzeitig zum gestrigen Neujahrsspringen.

„Sie ist das neue Wahrzeichen von Garmisch-Partenkirchen“, sagte Bürgermeister Thomas Schmid bei der Einweihung vor zwölf Tagen. 14 Millionen Euro hat der Neubau vor allem seine Gemeinde gekostet. Doch es ist eine Investition in die Zukunft für den oberbayerischen Wintersportort. Die neue Garmischer Schanze ist Teil der Münchner Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2018, das olympische Skispringen könnte in zehn Jahren wie schon 1936 erneut am Fuße des Gudibergs entschieden werden. Der Abriss der alten Olympiaschanze war erforderlich geworden, weil sie den Anforderungen des Internationalen Skiverbandes nicht mehr entsprochen hatte. Die neue besitzt einen spektakulären 55 Meter hohen Anlaufturm, der an einen überdimensionalen Damenschuh ohne Absatz erinnert.

Der Aufbau des Turmes war nicht ohne Risiko. Architekt Christoph Mayr sagte: „Ich habe schon die eine oder andere schlaflose Nacht verbracht, als die Schanze wie ein Walfisch in der Landschaft lag und sich langsam aus dem Wald herausgehoben hat.“ Nun aber steht sie und könnte Sprünge bis auf 150 Meter bieten. Der alte Schanzenrekord von Adam Malysz lag bei 129,5 Metern. „Man kann weit springen“, hat Martin Schmitt nach seinem Erfolg im Continental-Cup festgestellt. Die größeren Weiten ermöglicht der neue Anlaufturm, der 22 Meter höher ist als der vorhergehende, auch das neue Profil verschafft den Springern einen längeren Flug am Hang entlang. „Ich habe ein bisschen zu früh aufgehört“, sagte der ehemalige Skispringer und TV-Experte Dieter Thoma, „von dieser neuen Schanze wäre ich auch noch gerne hinunter gesprungen.“

Allerdings wirkte die Verschiebung der Qualifikation am Montag etwas unglücklich. Weil es zu stark schneite und wehte, musste der erste live im Fernsehen übertragene Wettbewerb auf der neuen Schanze erst unterbrochen und schließlich verschoben werden. Es wurde anschließend spekuliert, dass die Veranstalter einen Fehler gemacht hätten, weil der Schnee in der Anlaufspur nicht von einer neuartigen Maschine namens „Icerobot“ ausgekehrt worden ist. Doch nach Auskunft der örtlichen Organisatoren habe die Verschiebung allein am Wind gelegen, weshalb sie für das nächste Jahr noch Verbesserungen planen. Neu aufgespannte Windsegel, wie es sie schon in Trondheim gibt, könnten dann die stärksten Böen abfangen. Und der Lift soll im nächsten Jahr auch fertig sein. Benedikt Voigt

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