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Keine Länge. Guan Tianlang stößt beim US Masters an seine Grenzen.

© AFP

US Masters im Golf: Ein kleiner Teenager will groß aufspielen

Der junge Chinese Guan Tianlang spielt beim US Masters der Golfprofis. Als jüngster Spieler aller Zeiten mit genau 14 Jahren ist Guan hier ein kleines Phänomen.

Guan Tianlang war begeistert: „Es ist so ruhig und friedlich hier“, schwärmte er nach seiner Übungsrunde im Augusta National Golf Club, die er bereits vor der Turnierwoche absolvierte. „Man fühlt sich großartig und ist beruhigt, wenn man hier spielt. Eigentlich ist das alles, was man braucht.“ Für einen 14-Jährigen sind das ungewohnte Worte. Während seine Mitschüler aus der Zhi Xin Middle School in Guangzhou wahrscheinlich wie alle Teenager von Computerspielen und Konsolen schwärmen, ist Guan Tianlang ganz dem Reiz des Golfplatzes von Augusta National verfallen, den er als Sieger der Asia-Pacific Amateur Championship nun am Donnerstag zum ersten Mal bespielt hat.

Der Junge kann sich dabei über zu wenig Medienaufmerksamkeit nicht beklagen. Als jüngster Spieler aller Zeiten mit genau 14 Jahren, fünf Monaten und 17 Tagen ist Guan hier ein kleines Phänomen. Immerhin mangelt es dem 60 Kilogramm leichten und auch nicht sonderlich großen Chinesen zumindest optisch klar an Durchschlagskraft. Mit der Länge seiner Schläge hat er auf einigen Bahnen von Augusta Probleme. Schon seine bisherigen Auftritte bei Profiturnieren machten dieses Manko deutlich: Sowohl bei der China Open als auch bei der Australian Open verpasste er den Cut.

Andererseits versucht der junge Chinese, körperliche Defizite durch verstärktes Engagement wett zu machen. Vier Wochen schon hat er in der Gegend von Augusta verbracht, täglich auf dem Gelände des Champions Retreat Golf Clubs im nächsten Ort trainiert. 40 Trainingsstunden pro Woche sind auch zuhause stets die Regel, Turniere kommen noch hinzu. Stets skeptisch betrachtet wird er von Vater Han Wen Guan, der die Karriere des Jungen seit dem vierten Geburtstag scharf dirigiert. Welche Vision der Arzt von seinem Sohn hat, wird dabei schnell ganz deutlich. Wie sein Idol Tiger Woods präsentiert sich Guan Tianlang schon jetzt komplett in Nike eingekleidet. Immerhin: Er hat 2011 wie der Amerikaner einst die Weltmeisterschaft der „Unter 18-Jährigen“ gewonnen und dabei mit 18 Schlägen unter Par einen neuen Rekord aufgestellt. Eine Runde mit dem Amerikaner, seinem großen Vorbild, wäre für ihn die Sensation schlechthin. Der Wunsch aber wurde ihm für Donnerstag und Freitag erst einmal verwehrt.

Stattdessen konnte sich der Chinese reichlich Tipps vom Spielpartner Matteo Manassereo geben lassen. Der Italiener hatte als bis dato jüngster Spieler mit 16 Jahren seine ersten Runden in Augusta National gedreht und trotz seines Amateurstatus den Cut geschafft.

Wie auch immer Guan Tianlangs erster Ausflug in die Welt der Majors ausgeht – für die Verantwortlichen des Augusta National Golf Clubs ist die reine Präsenz des Chinesen wichtig, nicht sein Resultat. In Zeiten, in denen Europa und die USA mit sinkenden Golferzahlen kämpfen, richtet sich der Blick von wichtigen Golf-Institutionen nach Asien, wo der Sport zunehmend Anhänger gewinnt. Auch deshalb wurde die Asia Pacific Amateur Championship überhaupt zum Qualifikationsturnier für das US Masters zugelassen. China mit seinen 1,3 Milliarden Menschen gilt als das Boomland schlechthin im Golfsport. Genaue Zahlen über aktive Golfer im Land gibt es nicht, die Golf-Industrie geht aber von 20 Millionen Spielern im Jahr 2020 aus. Dann spätestens soll ein Chinese auch die erste olympische Medaille holen. Wenn Guan Tianlang die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllt, könnte er derjenige sein. Ruhe und Entspannung dürfte er danach aber nicht einmal mehr beim Masters in Augusta finden.Petra Himmel

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