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Vierschanzentournee Innsbruck - Martin Schmitt

© dpa

Vierschanzentournee: Martin Schmitt mischt wieder mit

Seit März 2002 hat Skispringer Martin Schmitt kein Springen mehr gewonnen. Doch die jüngsten Erfolge stimmen ihn optimistisch. Er träumt von einem Sieg zum Abschluss der Vierschanzen-Tournee am Dienstag in Bischofshofen.

Er hätte auch Angst haben können. Im Kessel unter ihm quäkten Tröten, dröhnten Hupen, drehten sich die Fahnen. Inmitten der 25 000 Zuschauer im Innsbrucker Berg iselstadion tobte der rot-weiß-rote Frohsinn. Martin Schmitt blickte hinab. Lange hatte er nicht mehr als letzter Springer auf dem Balken gesessen, lange hatte er nicht mehr diesen Moment der Anspannung gefühlt, mit dem letzten Sprung des Tages einen Wettbewerb entscheiden zu können, lange hatte er nicht mehr auf dem Podium gestanden. Schlimmer noch, zuletzt hatte er im zweiten Durchgang stets versagt, wenn sich die Chance dazu geboten hatte. Er hätte tatsächlich Angst haben können. Aber Martin Schmitt sagt: „Es war eine schöne Situation.“

Das ist neu bei Martin Schmitt: Im entscheidenden Moment ist der 30-jährige Skispringer gelassen geblieben. Schmitt hatte sich zuletzt zwar der Weltspitze genähert, doch wenn er die Chance hatte, auf das Podest zu springen, verkrampfte er. Dass er diesmal lockerer blieb, ist das Verdienst von Bundestrainer Werner Schuster. Der Österreicher, der neben Sport auch Psychologie studiert hat, empfahl ihm vor dem zweiten Durchgang: „Du musst das genießen.“ Martin Schmitt gelang es, allerdings nur in Ansätzen. Der Mann mit dem lila Helm flog auf 125,5 Meter, die achtbeste Weite des zweiten Durchgangs. Aber weit genug, um ihm Platz drei zu bescheren. „Eine Last fällt ab“, sagte Martin Schmitt, „ich habe mich nicht getäuscht, ich habe immer gewusst, dass noch etwas in mir steckt – und jetzt kommt es raus.“ Sein Erfolg weckt Hoffnungen auf weitere Podestplätze, womöglich bereits heute beim abschließenden Springen der Vierschanzen-Tournee in Bischofshofen (16.30 Uhr, live in der ARD). In der Qualifikation sprang Schmitt auf Platz drei.

Bundestrainer Werner Schuster versucht, die Erwartungen zu bremsen. „Die Vorstellung, Martin Schmitt sei wieder zurück und gewinne jetzt nur noch, ist zu einfach“, sagt der neue deutsche Bundestrainer. „Er ist auf Augenhöhe, aber es gibt einige Topathleten in der Weltspitze.“ Nur wenn alles perfekt laufe, sei ein Platz unter den ersten drei möglich. Das Problem ist allerdings: Alle wollen jetzt höher hin aus, allen voran Schmitt selber. „Das macht Lust auf mehr“, sagte er. Und auch der Bundestrainer weiß, dass der derzeit beste deutsche Springer nicht Halt machen dürfte, bevor er tatsächlich dort angekommen ist, wo der ehemalige Gesamtweltcupsieger und Olympiasieger zuletzt am 1. März 2002 stand: ganz oben auf dem Podest. Der Bundestrainer kann die Erwartungen zumindest verstehen. „Martin Schmitt ist eine internationale Sportgröße, die sehr genau verfolgt wird“, sagte er, „sollte da noch ein Schritt kommen, wäre das schon ein Ereignis von internationaler Bedeutung, wenn sich ein Sportler nach so langen Jahren zurückkämpft auf den ersten Podestplatz.“

Tatsächlich hat Martin Schmitt auch in den vergangenen Jahren immer mal wieder ordentliche Ergebnisse vorweisen können – aber nie auch eine konstante Form. Nun hat er sie, wie die Gesamtwertung der Vierschanzen-Tournee zeigt. Darin folgt er hinter Wolfgang Loitzl, Simon Ammann und Gregor Schlierenzauer auf Platz vier. „Dieser Platz ist schon sehr gut“, sagt Schuster, „wenn er auch nach Bischofshofen der erste Verfolger dieser Springer wäre, die bisher die Saison dominieren, würde ich das als großen Erfolg werten.“ Mehr sei allerdings zu viel verlangt, zumal der Rückstand auf den drittplatzierten Schlierenzauer bereits 21,3 Punkte beträgt. Eine gute Platzierung aber traut er Schmitt erneut zu. „Die Schanze in Bischofshofen ist eine Fliegerschanze“, sagte er, „Martin Schmitt dürfte dort wieder mitmischen können.“

Dass Schmitt wieder mitmischen kann, verdankt er auch dem Bundestrainer. Dieser hatte seit seinem Amtsantritt im März an Verband, Öffentlichkeit und Springer appelliert, geduldig zu bleiben. Das wird immer schwieriger. „Es ist eine neue Perspektive aufgegangen“, sagte Werner Schuster, „die Perspektive, dass er, wenn er wieder in so eine Situation kommt, es auch durchzieht.“ Damit hat am Ende auch noch der zurückhaltende Bundestrainer Hoffnung auf mehr gemacht.

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