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Thomas Müller (l) und seine Teamgefährten (l-r) Joshua Kimmich, Lukas Nmecha und Jonas Hofmann applaudieren nach dem Spiel dem Publikum.

© dpa/ Federico Gambarini

Update

Zwei Monate vor dem ersten WM-Spiel: Deutschland verliert überraschend 0:1 gegen Ungarn

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft läuft vergeblich einem Rückstand hinterher und kassiert im 14. Spiel unter Bundestrainer Hansi Flick erstmals eine Niederlage.

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Marc-André ter Stegen zuckte einmal kurz, dann ließ er es bleiben. Der Torhüter der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, Vertreter des erkrankten Manuel Neuer, erkannte sofort, dass er keine Chance haben würde. Der Ball, formvollendet von Adam Szalai mit der Hacke verlängert, senkte sich über ihn hinweg Richtung zweitem Pfosten ins Tor.

Es war nicht nur ein ausgesprochen schöner Treffer, der dem ungarischen Kapitän Szalai nach etwas mehr als einer Viertelstunde gelungen war; es war auch einer, der die Deutsche mehr beschäftigte, als ihnen lieb war. Kurz vor der Pause ertönten erste Pfiffe in der Leipziger Arena, in der die Nationalmannschaft seit dem Umbau acht Mal gespielt und acht Mal gewonnen hatten.

Am Freitagabend endete nicht nur diese Serie. Die Deutschen liefen vergeblich dem Rückstand hinterher, mussten sich am Ende den Ungarn nach zuletzt zwei Unentschieden 0:1 (0:1) geschlagen geben. Hansi Flick kassierte damit in seinem 14, Spiel als Bundestrainer seine erste Niederlage - und das zu einem denkbar schlechten Moment.

Die Gäste hingegen feierten ihren ersten Sieg gegen den viermaligen Weltmeister seit 2004. Während die Deutschen nun keine Chance mehr auf den Gruppensieg in der Nations League haben, kann sich Ungarn am Montag gegen Italien die Teilnahme am Final Four Mitte nächsten Jahres sichern.

Deutschlands Spieler verlassen nach der Partie das Spielfeld.

© dpa/Robert Michael

Die Führung durch den früheren Mainzer Szalai in seinem 85. und mutmaßlich vorletzten Länderspiel kam den Ungarn zusätzlich zupass. „Ich habe selten gegen eine Mannschaft gespielt, die so gut und diszipliniert verteidigt“, hatte Deutschlands Mittelfeldspieler Joshua Kimmich vor der Begegnung gesagt. „Wir müssen uns wirklich was einfallen lassen, damit wir zu Chancen kommen.“

Die Idee war offensichtlich, die Verteidigungslinie der Ungar mit vertikalen Pässen zu überspielen. In der Praxis sah es dann allerdings meist so aus, dass der Ball über Freund und Feind hinweg ins Niemandsland flog.

Auf den Tag genau zwei Monate waren es am Freitag noch, bis für die Mannschaft von Bundestrainer Hansi Flick mit dem Gruppenspiel gegen Japan die Weltmeisterschaft in Katar beginnt. In WM-Form aber ist die Nationalmannschaft, vor allem nach den Eindrücken aus der ersten Halbzeit in Leipzig, noch lange nicht. Gegen die defensivstarken Defensive Ungarn fiel den Deutschen erschreckend wenig ein.

„In der ersten Halbzeit haben wir gar nicht stattgefunden“, sagte Joshua Kimmich. „Da haben wir alles vermissen lassen.“ Flick klagte über zu wenig Mut im Spiel seiner Mannschaft. „Wir waren nicht aktiv“, klagte er, „haben ohne Selbstvertrauen gespielt.“

Rund um den ungarischen Strafraum wurde der Ball von links nach rechts und wieder zurück gespielt. Manchmal war es auch umgekehrt. Zu wenig Tempo. Zu wenig Bewegung, Zu wenige Ideen. Irgendwann versuchten es dann entweder Antonio Rüdiger oder Niklas Süle mit einem Steilpass in die Spitze, der entweder im Toraus oder bei Ungarns Torhüter Peter Gulacsi landete.

In der gesamten ersten Hälfte brachten die Deutschen vor knapp 40.000 Zuschauer in der offiziell ausverkauften und trotzdem nicht komplett gefüllten Arena eine einzige halbwegs gefährliche Offensivaktion zustande. Nach einer Flanke des sonst auffallend fahrigen Linksverteidiger David Raum köpfte Ersatzkapitän Thomas Müller den Ball genau in Gulacsis Arme. Da waren schon fast 40 Minuten gespielt.

Die Ungarn mit vier Bundesligaspielern in der Startelf, darunter Andras Schäfer vom 1. FC Union, verlegten sich, wenig überraschend, auf die Verteidigung ihres Tores – und wirkten doch, wenn sie denn mal nach vorne spielten, zielstrebiger und auch gefährlicher als die recht trägen Hausherren.

Der Bundestrainer reagierte in der Halbzeit auf den unbefriedigenden Auftritt seiner Mannschaft. Flick brachte Thilo Kehrer, einen Verteidiger, für Serge Gnabry und ließ seine nun Mannschaft mit Dreierkette in letzter Linie spielen, um die beiden Außenverteidiger Raum und Jonas Hofmann weiter vorzuschieben.

Erstmals gefährlich wurde es in der zweiten Hälfte nach einem Freistoß, als Rüdiger und Timo Werner in der Mitte Kimmichs Hereingabe knapp verpassten. Kurz darauf scheiterte Leroy Sané, noch einer der besseren deutschen Spieler, aus spitzem Winkel an Gulacsi. Und der vermeintliche Ausgleich durch Thomas Müller, wiederum nur eine Minute später, zählte zurecht nicht, weil Vorlagengeber Jonas Hofmann im Abseits gestanden hatte.

Immerhin: Es war nun deutlich mehr Betrieb vor und im ungarischen Strafraum, auch weil die Deutschen sich höher positionierten, früher attackierten und den Stress für die Ungarn deutlich verschärften. Doch die Gäste erwiesen sich auch weiterhin als recht resistent. Sie mussten zwar die eine oder andere Chance für die Deutschen hinnehmen, nicht aber den Ausgleich.

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