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Ärztemangel: Ärztin gesucht, gefunden – und abgelehnt

Das Potsdamer Gesundheitsamt sagte einer interessierten Medizinerin ab, obwohl sie auf Grund des großen Ärztemangels dringend gebraucht werden würde. Eine überzeugende Erklärung gab es nicht.

Schon seit mehr als einem Jahr sucht das Potsdamer Gesundheitsamt dringend einen Kinderarzt. Wegen der "nicht attraktiven“ Bezahlung von 2.900 Euro brutto wolle kein Mediziner den Dienst in der Stadtverwaltung antreten, hatte die Beigeordnete Elona Müller (parteilos) jüngst den Stadtverordneten erklärt. Doch jetzt hat die Stadt selbst eine Bewerberin abgewiesen: Kristine Schmidt-Holz, Kinderärztin beim Gesundheitsamt im Rheingau-Taunus- Kreis bei Wiesbaden, hatte im Tagesspiegel vom Potsdamer Ärztemangel gelesen und am 8. Oktober eine Bewerbung an die Amtsärztin geschickt. Gut zehn Tage später erhielt Schmidt-Holz die Antwort der städtischen Personalabteilung: Leider sei es "nicht möglich“, ihr eine Stelle anzubieten, heißt es darin – "auf Grund des Einstellungsstopps sind keine geeigneten Stellenausschreibungen aktiv“.

Keine plausiblen Erklärungen für die Absage

Schmidt-Holz war mehr als verwundert: "Erst suchen sie händeringend jemanden, und dann besteht offensichtlich gar kein Interesse an Bewerbungen von Kinderärzten“, sagt die 58-Jährige, die seit mehr als zehn Jahren als Kinderärztin im Gesundheitsamt und in einer Praxis arbeitet. Für sie sei die Angelegenheit mit der Potsdamer Absage beendet: Sie habe zwar aus familiären Gründen vorgehabt, nach Berlin zu ziehen, "aber nun bleibe ich zunächst hier“.

Die Potsdamer Verwaltung hat keine plausible Erklärung für die Absage. Es habe offenbar "Irritationen“ gegeben, sagte Fachbereichsleiter Andreas Ernst. Fest stehe, dass die anderthalb Arztstellen im Gesundheitsamt immer noch besetzt werden sollen – das müsse auch über eine Initiativbewerbung möglich sein. Potsdams Amtsärztin habe bereits einen zweiten Brief an Schmidt-Holz aufgesetzt. Weil sie zurzeit im Urlaub sei, wisse man aber nichts über den Inhalt.

Reihenuntersuchungen nicht mehr durchhführbar

Für das Gesundheitsamt ist der Ärztemangel ein ernstes Problem: Ohne Kinderarzt kann die Stadt die vom Sozialministerium vorgeschriebenen Reihenuntersuchungen bei Kindern ab zwei Jahren nicht durchführen. Weil zwei überregionale Ausschreibungen erfolglos geblieben waren – eine Ärztin kündigte nach knapp sechs Wochen in der Probezeit, weil sie in Berlin einen besser bezahlten Job fand – hat die Stadt nach Auskunft von Ernst zunächst für ein Jahr einen Kooperationsvertrag mit dem Klinikum Ernst von Bergmann geschlossen. Ab Januar 2008 sind Kinderfachärzte in Ausbildung dann verpflichtet, bis zu zehn Monate im Gesundheitsamt zu arbeiten. Für die Wiesbadenerin Kristine Schmidt- Holz ist dies eine „Notlösung“, weil die jungen Ärzte wenig Erfahrung hätten.

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