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Brandenburg: Auf den Schienen wird es eng

Personenzüge sollen dem Güterverkehr weichen Experten kritisieren neuen Nahverkehrsplan

Potsdam - Nach dem Stilllegen von Strecken und dem Abbau von Gleisen droht ein Engpass auf den Schienen Brandenburgs. Weil für den steigenden Güter- und den bestehenden Personenverkehr die Kapazität oft kaum noch reicht, will die Bahn im nächsten Jahr sogar zum Teil Personenzüge durch Busse ersetzen. Im neuen Landesnahverkehrsplan für den Zeitraum von 2008 bis 2012 seien diese Engpässe nicht ausreichend berücksichtigt, werfen nun Experten dem Infrastrukturministerium vor. Dessen Sprecher Lothar Wiegand weist die Kritik als unberechtigt zurück.

Zu viel Verkehr gibt es im nächsten Jahr zum Beispiel auf der sogenannten Ostbahn von Berlin über Strausberg und weiter über Kietz/Kostrzyn nach Polen. Weil in Frankfurt (Oder) die baufällige Oderbrücke saniert wird, müssen vor allem Güterzüge umgeleitet werden, die bisher über Erkner und Fürstenwalde fahren. Dafür ist vor allem die meist nur noch eingleisige Ostbahn vorgesehen, auf der die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) im Auftrag des Landes den Personenverkehr zwischen Berlin- Lichtenberg und Kostrzyn betreibt. Die Züge fahren hier derzeit im Stundentakt.

Da die Strecke eingleisig ist und auch nur noch wenige Ausweichstellen hat, können die Güterzüge hier nur fahren, wenn es weniger Personenzüge gibt. Nach Tagesspiegel-Informationen wollte die Bahn AG, die bestimmt, welche Züge auf der Strecke fahren dürfen, zunächst den gesamten Verkehr der – privaten – Niederbarnimer Eisenbahn auf die Straße verlagern. Statt der Züge sollten Busse fahren. Inzwischen versucht man, wenigstens einige Personenzüge weiter fahren zu lassen.

Nach EU-Vorgaben muss bei der Vergabe der Fahrten dem grenzüberschreitenden Verkehr Vorrang gewährt werden. Der Betreiber der Schienenwege muss dabei aber auch die Interessen der Unternehmen berücksichtigen, die bereits auf der Strecke fahren – auch wenn es, wie bei der NEB, ein privater Konkurrent ist.

Nach Ansicht von Experten kann es in den nächsten Jahren auch auf anderen Strecken ähnliche Konflikte geben. In den vergangenen Jahren hat das Land das Steckennetz von einst 3400 Kilometer auf 2456 Kilometer reduziert. Stillgelegte Strecken wurden zum Teil bereits vollständig abgebaut. Selbst Abschnitte, die kurz zuvor saniert worden waren, hat man aufgegeben, wie etwa Joachimsthal – Templin oder Rathenow – Rathenow-Nord. Zudem hat die Bahn an vielen bestehenden Strecken Ausweichgleise entfernt oder Weichen ausgebaut, was die Kapazität erheblich einschränkt.

Auch im neuen Landesnahverkehrsplan gebe es keinen langfristigen Bestandsschutz für das bereits erheblich geschrumpfte Netz, bemängeln Experten, die sich zu einer „Projektgruppe Brandenburgnetz 2020“ zusammengeschlossen haben. Ein Nahverkehrsplan, der bereits 2012 auslaufe, reiche nicht aus. Zudem dürfe sich die Entwicklung des Bahnnetzes nicht ausschließlich nach finanziellen Vorgaben richten.Die Regierung müsse sich vielmehr fragen: „Welches Schienennetz und welchen Bahnverkehr brauchen wir, um die politisch gewollte Entwicklung des Landes sichern und vorantreiben zu können?“ Der zunehmende Güterverkehr sei im Entwurf für den Landesnahverkehrsplan nicht ausreichend berücksichtigt, heißt es in einem Papier der Experten.

Der neue Landesnahverkehrsplan beruhe auf einem „realistischen Ansatz“, kontert der Sprecher des Infrastrukturministeriums, Lothar Wiegand. Enthalten sei nur, was auch machbar sei. Unrealistische Ziele anzugeben, sei sinnlos. Einen Engpass auf den Schienen gebe es nur bei Bauarbeiten – wie nächstes Jahr während der Sanierung der Oderbrücke in Frankfurt. Klaus Kurpjuweit

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