zum Hauptinhalt

Brandenburg: Bauern wollen BSE ignorieren

Brandenburgs Bauern lassen sich so leicht nicht aus der Ruhe bringen. Mit beneidenswerter Gelassenheit stecken sie die aufgeflammte BSE-Aufregung weg wie einen kleinen Kratzer an einem ihrer großen Traktoren.

Brandenburgs Bauern lassen sich so leicht nicht aus der Ruhe bringen. Mit beneidenswerter Gelassenheit stecken sie die aufgeflammte BSE-Aufregung weg wie einen kleinen Kratzer an einem ihrer großen Traktoren. Was kümmert uns der Rinderwahnsinn? Wir stecken voll im Stress vor der Grünen Woche! Mit dieser Standardantwort wehrten fast alle in den vergangenen Tagen befragten Landwirte jede Diskussion um die Lage auf den Höfen ab. Vor der Messe im wichtigsten Absatzgebiet Brandenburger Landprodukte soll offenbar kein Zweifel die Stimmung trüben.

Verschweigen? Verdrängen? Verniedlichen? Oh nein, liebe Bauern. Ihr habt gerade in Brandenburg allen Grund, euch offensiv den Fragen um BSE oder andere heimtückische Krankheiten zu stellen. Das braucht gar nicht aus der Position der Schwäche zu erfolgen. Denn in der bundesweiten BSE-Statistik aller 131 BSE-Fälle ist Brandenburg erst drei Mal vertreten. Die kurz vor dem Jahreswechsel im Kreis Oberhavel festgestellte Erkrankung einer Kuh war sogar der erste echte märkische Makel. Bei den vorangegangenen Fällen waren die Rinder stets aus anderen Bundesländern zugekauft worden. So schlecht kann also die Qualität der Rinderhaltung zwischen Prignitz und der Niederlausitz, ja im ganzen Osten, nicht sein. BSE ist bisher vor allem ein Problem in Bayern und Baden-Württemberg.

Schnell könnte daraus aber ein falscher Schluss gezogen werden: so negativ schneiden die großen industriellen Anlagen mit Hunderten oder Tausenden Tieren im Vergleich zur kleinen Almwirtschaft wohl doch nicht ab. Gewiss, die LPG-Nachfolger besitzen meist größere finanzielle Spielräume für neue Maschinen, neue Ställe oder auch den häufigeren Besuch des Tierarztes. Doch BSE kann längst nicht als alleiniger Maßstab einer gesunden Aufzucht gelten. Andere Krankheiten, größerer Stress für die Tiere in einer Massenhaltung oder höhere Ansteckungsgefahr zählen genauso. Glücklicherweise sind die Zeiten vorbei, in denen Große gegen Kleine und umgekehrt ausgespielt wurden. Dem Streit ist inzwischen die Einsicht gewichen, die Agrarkrise nur gemeinsam meistern zu können.

Auffällig zurückhaltend äußern sich die Bio-Bauern in der neuerlichen Diskussion um gesundes Essen. Sie müssten eigentlich von jedem BSE-Fall profitieren. Doch die Betroffenen winken zu Recht ab. Ihr Umsatz reicht trotz aller Ängste vor der Fleischtheke nicht aus. Am Ende entscheidet immer noch der Preis zuungunsten der Produkte vom "Bauern des Vertrauens". Das Siegel "Bio" bedeutete eben noch immer teuer.

Die Landwirte besonders aus Brandenburg werden sich also auf der am Freitag beginnenden Grünen Woche auf viele kritische Fragen einstellen müssen. Das nach dem jüngsten BSE-Fall gewählte Motto "Augen zu und durch" dürfte dabei aber nicht geeignet sein.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false