zum Hauptinhalt

Brandenburg: Behandlung beendet: Zanardi reist zurück in die Heimat

Seine Beine konnten nicht gerettet werden, aber sein Leben: Anderthalb Monate lag Alessandro Zanardi im Krankenhaus, 15 Operationen ließ er über sich ergehen. Jetzt kann er wieder zurück zu seiner Familie, in seine Heimat Monte Carlo, die er so lange nicht mehr gesehen hat.

Seine Beine konnten nicht gerettet werden, aber sein Leben: Anderthalb Monate lag Alessandro Zanardi im Krankenhaus, 15 Operationen ließ er über sich ergehen. Jetzt kann er wieder zurück zu seiner Familie, in seine Heimat Monte Carlo, die er so lange nicht mehr gesehen hat.

Als am 15. September auf dem Eurospeedway in der Lausitz die zwei Rennwagen bei Tempo 300 zusammenkrachen und in die Planke prallen, befürchten am Anfang viele Augenzeugen Tote. Innerhalb kürzester Zeit waren Rettungsteams bei den Fahrern: dem Kanadier Alexandre Tagliani, der mit Prellungen davonkam, und dem Italiener Zanardi, der mit einem Hubschrauber in die Unfallklinik Marzahn geflogen wurde. Stundenlang kämpften die Ärzte um ihn, versuchten vergeblich, seine Unterschenkel zu "replantieren", wie es in der Fachsprache heißt, sie versetzten ihn ins künstliche Koma, sie hegten und pflegten ihn, sie gewannen ihn lieb - und er sie auch. Selbst nach 36-Stunden-Schichten seien die Ärzte noch einmal in sein Zimmer gekommen, um sich von ihm zu verabschieden, sagte der 35-Jährige gestern kurz vor seiner Abreise und befand: "Ich hätte in keinem besseren Hospital landen können." Ein Kompliment, das Klinikumsleiter Walter Schaffartzik zurückgab: "Das Personal hier liebt ihn. Er hat sich wie ein Profisportler verhalten und keine Form von Starallüren an den Tag gelegt."

Zanardi, der Profisportler, der Profi-Patient, der Profi-Rekonvaleszent: Anzeichen von Depression oder Resignation sieht man nicht. Die verständnisvollen Blicke, die ihm begegnen, braucht er nicht. "Ich bin voller Energie", sagt er und spricht damit nur aus, was nicht zu übersehen ist. Er macht Scherze, lacht, plaudert hier und da und macht einen ausgeglichenen Eindruck. Die Schmerzen, die Trauer, die Angst, die er seit dem 15. September ertragen musste, sind ihm nicht anzusehen. Stattdessen sagt er: "Ich habe doch nicht viel verloren." Oder: "Manchmal im Leben neigen wir dazu, zu vergessen, was wir haben. Ich habe immer noch meine Familie, die ich liebe, und ich werde versuchen, mich daran zu erinnern, was ich hätte verlieren können." Auch Alex Tagliani macht er keine Vorwürfe. Motorsport sei gefährlich, das wisse jeder.

Dass er noch einmal mit dem Leben davongekommen ist, betrachtet er als Zeichen für einen neuen Anfang. Das sei eine weitere Herausforderung, der er sich stellen müsse. Und natürlich will er auch hier gewinnen. Er schließt nicht mal aus, dass er eines Tages wieder Rennen fahren wird. Aber aus diesen Sätzen spricht kein zweifacher Cart-Champion mehr, der so schnell wie möglich wieder ins Cockpit will. Der Unfall, an den er selbst keinerlei Erinnerungen mehr hat, hat seine Prioritäten verschoben: "Mein einziges Ziel ist es, irgendwann wieder aufstehen und laufen zu können." Mit Prothesen, die man in Bologna für ihn anfertigen wird. Mit denen wird er erst mal laufen lernen, von vorne anfangen. Aber das scheint ihn nicht zu stören, er scheint die Freude darin zu finden, die er sucht. Auch von Ausflügen in Berlin, die er im Rollstuhl unternahm, spricht er voller Vergnügen. Wie überhaupt von der Stadt, die er schön fand, nur leider mit furchtbar schlechtem Wetter gestraft, wie er sagt: "Vielleicht werde ich eines Tages, wenn ich wieder laufen kann, zurückkommen, um meine Freunde hier zu besuchen." Die neu gewonnenen.

Christian Hönicke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false