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Brandenburg: Belvedere: Aussicht für Könige

Steinmetz Frank Gansky ist auf dem Weg, ein Stück Baugeschichte zu schreiben. Seit Jahren tragen die nach und nach aus dem Dämmerzustand erwachenden Potsdamer Baudenkmale, so im Neuen Garten, maßgeblich auch seine restauratorische Handschrift.

Steinmetz Frank Gansky ist auf dem Weg, ein Stück Baugeschichte zu schreiben. Seit Jahren tragen die nach und nach aus dem Dämmerzustand erwachenden Potsdamer Baudenkmale, so im Neuen Garten, maßgeblich auch seine restauratorische Handschrift. Nach der Gotischen Bibliothek und dem Marmorpalais am Heiligen See trägt der 35-jährige nun entscheidend Verantwortung für Wiederaufbau und Restaurierung des Belvedere auf dem Potsdamer Pfingstberg. Das Lustschloss hatte Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. zwischen 1847 und 1853 errichten lassen. Als Vorbild diente das Kasino des Palazzo Farnese in Caprarola bei Rom.

Im Krieg blieb der Bau nahezu unversehrt. Erst in den 70er Jahren begann offenbar eine gezielte Barbarei. "Treppenstufen wurden mit dem Vorschlaghammer zertrümmert, Baluster herausgetreten, Pfeiler und Brüstungen mit roher Gewalt hinabgestürzt", musste Gansky feststellen. Der Brand des hölzernen Ostkolonnadendachstuhles Anfang der 90er Jahre tat sein Übriges. Die Ursachen für diese Zerstörungswut glauben die Mitglieder des Fördervereins Pfingstberg zu kennen: Das Belvedere bietet mit seinen Türmen die höchste Aussichtsplattform Potsdams. Von hier oben ließen sich die Grenzanlagen zu West-Berlin sowie die "verbotene Stadt" am Fuße des Pfingstberges gut auskundschaften. Dort hatte unter anderem der sowjetische Auslandsgeheimdienst sein Quartier.

Der Förderverein ging aus einer 1988 gebildeten Gruppe engagierter Potsdamer hervor. Sie wollen den gänzlichen Niedergang des architektonischen Ensembles im Norden der Stadt aufhalten. Hierzu gehören auch der dem Belvedere vorgelagerte Pomonatempel - das Erstlingswerk des damals 19-jährigen Karl Friedrich Schinkel - und die nach Plänen von Peter Joseph Lenné angelegte Gartenanlage.

Für den Wiederaufbau des gesamten Objektes hat die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg 23 Millionen Mark veranschlagt. Die Arbeiten begannen 1996. Den Westturm nahm Gansky 1999 in Angriff. Er ist weitgehend restauriert. In seinem Inneren führt nun eine gusseiserne Treppe vom parterre gelegenen Römischen Kabinett bis zur Aussichtskanzel hinauf. Zuvor hatte sein Trupp viele Schäden zu beheben und Sandsteinteile nach historischen Vorbild neu zu fertigen.

Nun restaurieren die Steinmetze das Torhaus zu alter Schönheit. Eine andere Firma, die Naturstein Potsdam GmbH, saniert parallel dazu den westlichen Arkadengang und die Seitenmauern. Vor jeder neuen Etappe durchforsten die Männer zudem Unkraut und Unterholz rund um das Schloss nach Bruchstücken. "Alles, was wir finden, wird gesichert und katalogisiert, um es den ursprünglichen Stellen zuordnen zu können", berichtet Gansky. So hatten sie Pfeiler für die Torhallengeländer und Stufen der Freitreppen entdeckt und teils wieder eingebaut.

Im April soll das Belvedere vom Atrium im Innenhof bis zur Westturmkanzel hinauf wieder begehbar sein, damit sich Besucher der Bundesgartenschau Potsdam 2001 von hier oben der phantastischen Aussicht auf die Havellandschaft erfreuen können. Schon Alexander von Humboldt hatte vom Belvedere geschwärmt: "Kein anderes Bauwerk dient in derart komplexer und raffinierter Weise der landschaftlichen Inszenierung zur Kultivierung der menschlichen Sehlust". Denn das Lustschloss ist ohne durchgängigen Aufstieg angelegt. Der Besucher wird über ein System von Frei- und Wendeltreppen durch mehrere Ebenen bis zu den Turmspitzen geleitet.

Die Finanzierung erfolge weitgehend aus Spenden, sagt Gansky. So spendierte Versandhausbesitzer Werner Otto 4,5 Millionen Mark und die Hamburger Reemtsma-Stiftung schießt zu jeder gesammelten Spendenmark bis zur Höhe von 3,5 Millionen Mark eine weitere Mark hinzu. Zu den Großsponsoren gehört auch TV-Moderator Günter Jauch. Obwohl noch Gelder fehlen, ist Fördervereinsgeschäftsführer Ulrich Koltzer "mit dem Verlauf der Arbeiten äußerst zufrieden". Bis zur Buga seien 40 Prozent abgeschlossen. Genutzt wird das Lustschloss künftig als exklusiver Ort für Konzerte, Kulturereignisse, Feste und Gesellschaften. Bereits 2000 fanden hier rund 40 Open-airKonzerte statt.

Harald Lachmann

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