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Brandenburg: Berlin bringt Brandenburg voran

Thorsten Metzner

Diese Nachricht verblüffte: Brandenburg ist bei der Ansiedlung neuer Firmen mittlerweile Spitzenreiter in Ostdeutschland. Wer hätte das gedacht? Das Land, das bislang eher mit gescheiterten Großprojekten und rechtsradikaler Ausländer-Hatz von sich reden machte, schob sich selbst an seinem ärgsten Rivalen vorbei – dem ostdeutschen „Musterländle“ Sachsen. Neue Firmen zieht es derzeit eher in die Hauptstadt-Region als in Top-Standorte wie Leipzig, Dresden oder Jena. Von den Armutsgebieten Sachsen-Anhalts und Mecklenburg- Vorpommerns ganz zu schweigen.

Die Gründe für die erfolgreiche Aufholjagd? Es gibt ja so viel Mittelmaß in Brandenburg, in seiner Regierung. Da darf man den märkischen Wirtschaftsförderern der Zukunftsagentur ZAB ruhig einmal bescheinigen, dass sie offenbar einen guten Job machen. Entscheidend ist aber ein anderer Faktor, der die Anwerbung von Firmen inzwischen objektiv erleichtert: Berlin findet endlich seine Rolle, entwickelt auch im Vergleich zu anderen europäischen Metropolen eine eigene Dynamik und Anziehungskraft. Der Entwicklungsmotor der Region, der perspektivisch einer für ganz Ostdeutschland sein könnte, beginnt endlich anzuspringen. Und: Berlin und Brandenburg ziehen bei der Investoren-Werbung stärker an einem Strang – statt sich wie früher kleingeistig Konkurrenz zu machen. Man beachte, wie unkompliziert, pragmatisch und geräuscharm der christdemokratische Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns und sein Berliner PDS-Kollege Harald Wolf kooperieren und die Fusion der beiden Wirtschaftsfördergesellschaften für das Jahr 2008 anpeilen.

Zur Euphorie besteht trotzdem kein Anlass: Auch fünfzig neue, zumeist kleinere mittelständische Firmen reichen nicht aus, um Brandenburgs Wirtschaft in Schwung zu bringen. Das Land ist, auch das gehört zur Wahrheit, beim Wachstum immer noch eins der Schlusslichter dieser Republik. Damit das anders wird, müssen die einheimischen Firmen die Kapital- und Innovationskraft zur Expansion aufbringen. Das ist ein mühevoller, langwieriger Prozess, bei dem kaum schnelle Erfolge möglich sind.

Trotzdem sind die Aussichten, dass es mit Brandenburgs Wirtschaft aufwärts geht und sich der Ansiedlungsboom fortsetzt, besser denn je. Ab Januar 2007 werden die Fördersätze im Berliner Umland nicht mehr künstlich niedrig gehalten – das überholte Leitbild der Dezentralen Konzentration zur vorrangigen Förderung der Randregionen wird dann endgültig Geschichte sein: Diese unselige Allianz von postsozialistischer Staatsförderung Brandenburgs und kurzsichtigem Berliner Egoismus, das eigene Umland zu schwächen, hat ein Ende. Und dann ist da auch noch der künftige Großflughafen Schönefeld, der ein Magnet für neue Firmen sein kann. Zugleich werden Sachsen oder Thüringen, Bayern und Nordrhein-Westfalen nicht schlafen. Im Wettbewerb kann sich keine Region ausruhen.

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