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Brandenburg: …bis es quietscht

Thorsten Metzner

Wäre das Land Brandenburg ein Unternehmen, es müsste Insolvenz anmelden: Bei einer Bilanzsumme von rund zehn Milliarden Euro wird ein Defizit von rund einer Milliarde Euro erwirtschaftet – und das Jahr für Jahr. Bisher wurden die Miesen durch neue Kredite gedeckt. Doch mittlerweile sind die Schulden auf 17 Milliarden Euro angewachsen – und steigen weiter. Bald wäre der Punkt erreicht, wo der jährliche neue Milliardenkredit gar nicht mehr überwiesen werden müsste, sondern gleich bei den Banken bleiben könnte – für die fälligen Zinsen. Natürlich hätten die Banken solch einem PleiteUnternehmen den Geldhahn längst zugedreht.

Nun ist Brandenburg kein Unternehmen. Aber die dramatische Finanzlage des Landes stellt sich in genau diesen Zahlen dar. Der nötige konsequente Sparkurs jedoch ist von den Regierenden zwar seit Jahren vollmundig beschworen, aber nur halbherzig praktiziert worden. Horribile dictu: Man darf sogar bezweifeln, ob die SPD-CDU-Landesregierung unter Matthias Platzeck jetzt endlich die Kraft und Konsequenz aufbringen wird, wenn sie sich heute auf Schloss Genshagen zur Haushalts-Klausur trifft: Im Doppeletat 2005/2006 muss immerhin rund eine Milliarde Euro eingespart werden.

Was die Operation noch schwieriger macht: Die alte, neue Koalition hat vollmundig verkündet, Kindertagesstätten, Schulen, Hochschulen und die Technologieförderung von Kürzungen zu verschonen. So steht es im Koalitionsvertrag, so hat es Ministerpräsident Platzeck in seiner Regierungserklärung und vorher auf den Marktplätzen im Wahlkampf verheißen. Nun aber hat sein SPD-Parteifreund Finanzminister Rainer Speer kühl nachgerechnet, was im Grunde absehbar war: dass auch bei diesen Prioritäten-Ressorts gekürzt werden muss – weil andere sonst ihre Arbeit ganz einstellen müssten, weil etwa im ganzen Land keine Straßen und Brücken mehr gebaut werden könnten .

So richtig die Erkenntnis sein mag, dass Bildung, Wissenschaft und Technologie die Zukunftsfelder des Landes sind – dass sie von Einschnitten gänzlich frei bleiben könnten, lässt die Finanzkrise nicht zu. Bestenfalls, und das wird schon schwierig genug, mögen sie geschont werden. Platzecks Versprechen waren gelinde gesagt voreilig – die Dramatik der Kassenlage war bekannt; zudem ist seine Regierung mit dem Anspruch einer neuen Ehrlichkeit angetreten.

So bitter es ist: Platzecks Regierung wird um das Eingeständnis nicht umhinkommen, dass Brandenburg sich die bisherigen Lebens- und Leistungsstandards überall nicht mehr leisten kann – ob bei Kindertagesstätten, Gewerbegebieten, Naturschutzstationen oder der Autobahnpolizei. Stattdessen gilt nun auch hier, was Berlins Regierender Bürgermeister für seine Stadt schon vor längerem angekündigt hat: Es muss gespart werden, „bis es quietscht“.

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