zum Hauptinhalt

Brandenburg: Bisky und die Brandenburger Toleranz

Linksparteichef und Landtagsvize wird in Potsdam nach Berlin verabschiedet

Potsdam. „Ich wollte nie in den Bundestag, jetzt sehe ich mich beinahe bestärkt“, gesteht Lothar Bisky in Anspielung auf den jüngsten Eklat. 15 Jahre lang gehörte der Linkspartei-Chef dem Brandenburger Landtag an. Er zählt hier zum parlamentarischen Urgestein, ist über Parteigrenzen hinweg geachtet. Selbst ein konservativer Hardliner wie CDU-Innenminister Jörg Schönbohm, der mit der PDS nichts am Hut hat, begegnete Bisky immer mit Respekt. Gestern nun der offizielle, unumkehrbare Abschied für Bisky und drei weitere Abgeordnete, die in den Bundestag gewechselt sind.

Im Landtagspräsidium wird Sekt gereicht. Präsident Gunter Fritsch (SPD) bedankt sich launig bei seinem bisherigen Stellvertreter: Der habe die Chance verpasst, Vizepräsident zu bleiben, und kämpfe nun im Bundestag darum, es wieder zu werden. Er hoffe auf ein gutes Ende, sagt Fritsch. Bisky, der müde und angeschlagen wirkt, lächelt gequält. „Berlin bekommt mir im Moment nicht gut, aber ich stehe das durch.“

Einen Eklat wie jetzt im Bundestag hat Bisky in seiner 15-jährigen Abgeordnetenlaufbahn in Brandenburg nicht erlebt. Der frühere Rektor der Filmhochschule Babelsberg hat an der Landesverfassung mitgewirkt, den Untersuchungsausschusses zur Klärung der Stasi-Verstrickungen des früheren Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) unparteiisch geführt. Später wurde ihm selbst vorgeworfen, Stasi-IM gewesen zu sein. Bisky bestätigte, dass er als Rektor Kontakte zur Stasi unterhalten musste, betonte jedoch, nie Menschen bespitzelt zu haben. Einen Gegenbeweis gibt es nicht. Als Oppositionsführer verfolgte er einen pragmatischen Kurs, was ihm Kritik in den eigenen Reihen einbrachte. Er war Verfechter des von Stolpe erfundenen „Brandenburger Weges“, der auf parteiübergreifende Zusammenarbeit setzte. So wundert es gestern auch niemanden, dass Bisky in seinen Abschiedsworten dazu auffordert, die „Brandenburger Toleranz“ zu verteidigen. Umgangston und Stil der Politiker hätten sich auch in Brandenburg verschlechtert. Aber Konsenspolitik dürfe keine pure Illusion sein, wenn man Probleme lösen wolle.

Immerhin sieht der Linkspartei-Chef noch „Reste Brandenburger Toleranz“ und führt als Beispiel die reibungslose Zusammenarbeit im Landtagspräsidium an. Er scheide „in gewisser Trauer“, gibt Bisky zu. Doch müsse man einen Weg, den man eingeschlagen hat, zu Ende gehen. Und mehrdeutig: „Wer weiß, welche Überraschungen er noch bringt.“

Michael Mara

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false