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Brandenburg: Blei im Blut

Beim Fressen angeschossener Tiere haben Seeadler sich oft vergiftet. Neue Munition soll das verhindern

Menz - In einigen Wäldern des nördlichen Brandenburgs gehen die Jäger jetzt mit unterschiedlicher Munition auf die Pirsch. Die eine Hälfte schießt mit bleihaltigen Kugeln, die andere mit bleifreien. Unter Federführung des Agrar- und Umweltministeriums sollen in einem großen Forschungsprojekt Vor- und Nachteile der jeweiligen Munitionsart herausgefunden werden. Bislang gibt es in Deutschland kaum Erfahrungen mit bleifreier Munition.

Auslöser des Experiments waren dramatisch klingende Schlagzeilen über den massenhaften Tod von Seeadlern und anderen Greifvögeln durch Bleivergiftung. Sie hatten von Jägern angeschossene, aber nicht gefundene Enten und Gänse gefressen. Mit ihrer Magensäure können die Adler nicht nur Knochen verdauen, sondern auch Blei auflösen. Dadurch wird ihr Nervensystem gestört. Sie können nicht mehr richtig sehen und fliegen dann auch gegen Bäume. Bei starker Vergiftung durch die bleihaltigen Schrotkugeln lösen sich sogar die roten Blutkörperchen auf, und die Adler ersticken. Bis zu zwei Tage kann der Todeskampf dauern.

Doch auch die bei der Jagd auf Rehe und Hirsche verwendeten Bleivollgeschosse können gefährlich werden. Ein guter Jäger vergräbt zwar die Innereien der getöteten Tiere an Ort und Stelle, aber manchmal gibt es dabei Nachlässigkeiten, und die Adler finden das bleivergiftete Aas.

Derzeit brüten nach einer Übersicht des Umweltministeriums 116 Seeadlerpaare in Brandenburg. Das sind 26 Prozent des deutschen Gesamtbestandes. Viele Vorschriften schützen das Wappentier Brandenburgs, gegen Bleivergiftung helfen sie nicht. Rund ein Viertel der Todesfälle solle darauf zurückgehen. Genaueres wird jetzt das Experiment zeigen.

Außerdem ist es noch unbewiesen, ob sich bleifreie Jagdmunition auch bei der Tötung von Rehen oder Hirschen bewährt. „Gerade Brandenburg mit seinen hohen Schalenwildbeständen muss wissen, ob auch mit dieser Munition eine waidgerechte und tierschutzgemäße Jagd möglich ist“, sagte Umweltminister Dietmar Woidke (SPD).

Derzeit wird in drei Oberförstereien (Borgsdorf, Menz und Steinförde) ausnahmslos bleifrei gejagt. Allein zu herkömmlicher Munition greifen die Jäger in den Revieren der Oberförstereien Hammer, Zechlinerhütte und Zehdenick. Beteiligt an dem Test sind unter anderem die Deutsche Versuchs- und Prüfanstalt für Jagd- und Sportwaffen, der Naturschutzbund, die Jagdverbände Brandenburg und Berlin und die Landesforstanstalt Eberswalde. Viele Mitglieder des Brandenburger Landesjagdverbandes bezweifeln das allerdings und warnen vor voreiligen Beschlüssen. Die Treffsicherheit der bleifreien Munition sei nicht bewiesen, und auch über mögliche Nebenwirkungen der darin eingesetzten Ersatzstoffe wisse man noch nichts.

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