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Brandenburg: Café Kanzler

Gerhard Schröder testet heute erstmals das künftige Gästehaus der Bundesregierung in Meseberg. Für 14 Uhr sind auch die Dörfler ins Schloss geladen. Nicht alle werden kommen – obwohl sie Zeit hätten

Meseberg - Da der Bundeskanzler heute Nachmittag mit dem Hubschrauber ins kleine Meseberg im Kreis Oberhavel fliegt, wird er die wichtigste Neuerung im Dorf gar nicht bemerken: Seit einigen Tagen besitzt die ehemals schmale und von Schlaglöchern bespickte Abzweig- straße von der Bundesstraße 96 eine neue Asphaltschicht. Die Königinnen, Staatsmänner und Regierungschefs sollen das künftige Gästehaus der Bundesregierung möglichst sanft erreichen.

Gleich neben dem renovierten Schloss, über dem eine große Staatsflagge weht, entsteht das zweite Symbol des Aufschwungs in dieser Einöde: ein Funkmast für das Handy-Netz. Telekom-Kunden können sich bereits über einige Empfangsbalken auf ihrem Telefon freuen, während für die anderen Netzbetreiber Meseberg weiterhin ein weißer Fleck bleibt. Aber das wird sich im „deutschen Camp David“ bestimmt auch noch ändern.

Der Vergleich mit dem Landsitz des amerikanischen Präsidenten stammt von der Münchner Messerschmitt-Stiftung. Sie kaufte 1995 das Barockschloss und steckte rund 16 Millionen Euro in den Um- und Ausbau. Lange Zeit forderte sie die Brandenburger Landesregierung auf, „für das Geschenk Bayerns“ eine repräsentative Nutzung zu finden. Als nichts geschah, machten sich die Münchner selbst auf die Suche und fanden bei der Bundesregierung Gehör. Die konnte das günstige Angebot schlecht ablehnen. Schloss und Park werden für einen symbolischen Euro gemietet, nur die Kosten für die Instandhaltung muss der Steuerzahler tragen.

Kanzler Schröder und sein Gefolge werden heute erstmals testen, ob sich Meseberg tatsächlich als Ort für Gipfelkonferenzen, Kabinettsklausuren oder Erholungsstätte für die Staatsgäste eignet. Um die Stimmung im Ort selbst kennen zu lernen, hat er die Einwohner zum Kaffee in den Garten eingeladen. Eine entsprechende Einladung fanden sie unlängst in ihren Briefkästen. Der Termin um 14Uhr an einem Werktag scheint zwar für ein großes Treffen auf den ersten Blick ungewöhnlich zu sein, aber tatsächlich sind die meisten der 160 Einwohner ohnehin zu Hause. Die Arbeitslosenquote liegt offiziell bei 25 Prozent. Noch höher ist der Anteil der Vorruheständler.

Dennoch werden nicht alle Meseberger der Einladung folgen. „Der Schröder soll sich mehr um die Arbeitslosen als um die Staatsgäste kümmern“, meint ein Rentner. Andere Dörfler ärgern sich über die angekündigten Absperrungen im Ort, wenn Staatsgäste kommen. „Da ist es mit der Ruhe vorbei“, schimpft eine ältere Frau in Kittelschürze. Junge Leute auf einer Bank gegenüber der Dorfkneipe finden es dagegen cool, dass endlich was passiere. „Scharfschützen auf den Dächern und Kampfschwimmer im Schloss-See wären toll“, sagt ein 14-Jähriger. Zu Schröder will er aber nicht kommen. „Da tauche ich dann vielleicht noch im Fernsehen auf, als braver Junge am Tisch.“ Dagegen wird der Vorstandsvorsitzende der Messerschmitt-Stiftung nicht müde, die Meseberger von den Vorteilen eines Regierungsgästehauses zu überzeugen. „Das Dorf erlebt allein schon durch die Neugier unzähliger Touristen einen Aufschwung“, versichert Hans-Heinrich von Srbik.

Trotz der Zurückhaltung der Einwohner wird es beim Kanzler-Besuch heute nicht an großer Kulisse fehlen. Dafür sorgen schon die vielen Bauarbeiter, die momentan rund um die Uhr an den Gästehäusern werkeln.

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