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CDU-Innenpolitiker Sven Petke: ''Verfassungsschutz wäre ein Papiertiger''

Der stellvertretende Brandenburger Unionsvorsitzende Petke sprach mit dem Tagesspiegel über den geplanten Personalabbau bei Verfassungsschutz und Polizei.

In Brandenburg droht nach Planungen der rot-roten Regierung ein massiver Personalabbau beim Verfassungsschutz, der von derzeit 116 auf 90 Stellen reduziert werden soll. Welche Folgen hätte das?

Die Pläne des Innenministers Rainer Speer sind unverantwortlich. Der Verfassungsschutz wäre nicht mehr arbeitsfähig. Das Land müsste sich aus dem Verbund der Sicherheitsbehörden in Deutschland verabschieden. Die Lücke bedeutet: Brandenburg wäre kein Partner auf Augenhöhe mehr.

Wie kommen Sie darauf?

Zur Erinnerung: 90 Stellen hatte der Verfassungsschutz im Jahr 1996. Damals gab es noch keinen 11. September, keine Bedrohungen durch den islamistischen Terrorismus. Es war noch nicht notwendig, das Internet auf extremistische, terroristische Aktivitäten zu überwachen, die Scientology-Sekte stand noch nicht unter Beobachtung. Diese Bedrohungen sind jetzt aber da, auch in Brandenburg. Mit 90 Mitarbeitern wäre der Verfassungsschutz nur ein Papiertiger.

Trotzdem, rechtsextremistische Gewalttaten im Land sind zum Beispiel rückläufig. Brandenburg ist in weiten Teilen Provinz. Warum soll man dem nicht Strukturen anpassen?

Extremismus ist stets eine Gefahr. Der Rechtsextremismus in Brandenburg sogar akut. Zuwachs gibt es beim Linksextremismus, auch bedingt durch wechselseitiges „Hochschaukeln“ der Extremisten. Das Beispiel Berlin zeigt erschreckend, was passiert, wenn man auf dem linken Auge blind ist. Brandenburg hatte das Glück, das die DVU aus dem Landtag flog. Trotzdem ist auch die NPD hier gefährlich. Ich erinnere daran, dass der Brandenburger Verfassungsschutz sehr viel auf dem Gebiet der Prävention und der Aufklärung tut. Das darf die Regierung nicht leichtfertig gefährden. Wer trotz all dieser Nachteile und Risiken, dem Abbau des Verfassungsschutzes das Wort redet, der muss sich fragen lassen, ob er in seinem Amt wirklich „angekommen“ ist.

Sie bezweifeln das, obwohl Speer etwa mit der Ankündigung einer radikalen Polizeireform und dem Abbau von 1900 Polizeistellen wie kein anderer Ressortchef loslegte?

Ein Innenminister gegen den Sachverstand und gegen die Interessen der Bevölkerung. Für Speer ist das Amt des Innenministers offenbar nur Zwischenstation auf dem Weg zum Ministerpräsidenten. Schon jetzt heimlicher Regierungschef, hat er bei allen für die SPD strategischen Entscheidungen der letzten Zeit die wichtigen Gespräche geführt und nicht Platzeck.

Was stört Sie als Innenpolitiker am meisten?

Im Landtag redet Speer, als wäre er noch Finanzminister. Sein Umgang mit den Polizeibeamten ist respektlos. Von einem Innenminister muss man erwarten, dass er die Sorgen und Nöte der Menschen ernst nimmt, sie vor Kriminalität zu schützen. Bei einem Besuch im Schutzbereich Teltow-Fläming wurde ihm durch die Beamten geschildert, dass sich ein zehnjähriges Mädchen gegen den Übergriff eines erwachsenen Mannes erfolgreich mit einem Schienbeintritt gewehrt habe. Speers Reaktion: „Ist das Körperverletzung?“ Das sagt alles.

Kein anderer Bereich Brandenburgs ist vom Stellenabbau seit 1990 so geschont > worden wie die Polizei. Warum soll man nicht mit 7000 Polizisten Sicherheit gewährleisten?

Die Gewerkschaften werfen SPD und Linken zu Recht Wahlbetrug vor. Es bleibt erste staatliche Pflicht, Menschen vor Kriminalität zu schützen. Und die Kriminalität ist nun einmal höher als in anderen Ländern, bei Unfällen sind wir Spitze in Deutschland. Schon der Abbau von 1700 Stellen in der rot-schwarzen Koalition hat die Polizei stark belastet. Allen ist bekannt, dass es zum Teil lange dauert, bis die Polizei kommt. Der Krankenstand bei der Polizei ist in Deutschland ohne Vergleich. Wenn jetzt jede fünfte Stelle weg fällt, kann man das nicht durch neue Strukturen kompensieren. Die Wahrheit ist: Auf dem flachen Land wird man dann keinen Polizeibeamten mehr > zu Gesicht bekommen.

Was macht der Innenminister gut?

Ich unterstütze, dass er Projekte wie den Tragschrauber gestoppt hat, die Schönhagen-Standortentscheidung für die Hubschrauberstaffel prüft, Arbeitsgruppen im Ministerium reduziert hat und mehr befördern will. Allerdings muss man aufpassen, dass er damit bei den Gewerkschaften nicht versucht, den Abbau von Stellen zu erkaufen, nach dem Motto: Die, die da bleiben, kriegen einen Stern mehr auf die Schulterklappe.

Finden Sie es akzeptabel, dass Speer trotz dramatischer Unfallzahlen Geschwindigkeitskontrollen drosseln will?

Das ist richtig. Die „Abzockerei“ hat der Polizei geschadet. Die neue Linie, mit Augenmaß zu kontrollieren, ist vor Ort noch nicht angekommen. Es gibt intern noch immer einen enormen Druck auf Beamte, „Quote zu bringen“. Die Abzock-Praxis existiert nach wie vor.

Sie scheinen Spaß in der Opposition zu haben. Hat die Union ihre neue Rolle gefunden?

Die Union hat sie angenommen. Partei und Fraktion sind gut gegen Rot-Rot aufgestellt. Wer die Debatten im Landtag verfolgt, wird bestätigen, die CDU-Abgeordneten bestimmen das Tempo. Wir setzen Themen, wir prägen etwa maßgeblich die Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der SED-Diktatur im Land.

Fasst Rot-Rot nach den Stasi-Erschütterungen inzwischen Tritt?

Die Koalition ist immer noch in der Vergangenheitsdebatte gefangen. Und das Persoknal, das die Platzeck-Regierung aufbietet, wird den Anforderungen nur in den wenigsten Fällen gerecht. Es spricht Bände, wenn es in kürzester Zeit den ersten Rücktritt wegen Überlastung gab und dann nicht einmal die Nachfolge überzeugt. Diese Platzeck-Regierung ist geprägt von einer ausgebrannten SPD und einer ständig kräftiger werdenden Linken. Ihr stehen mit Sicherheit noch einige interne Konflikte bevor.

In der Landeshauptstadt Potsdam will Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg trotz seiner früheren IM-Tätigkeit bei der Wahl im Herbst den SPD-Oberbürgermeister Jann Jakobs stürzen. Hat Scharfenberg eine Chance?

Oberbürgermeister Jann Jakobs verwaltet diese Stadt wie ein Buchhalter. Herr Scharfenberg täte besser daran, aufgrund seiner massiven Belastung von der Kandidatur zu lassen. Es gibt ja Absetzbewegungen, auch bei den Linken selbst. Sie haben schließlich eine Verantwortung, der Landeshauptstadt diese Kandidatur nicht zuzumuten. Das Potsdamer Dilemma ist, dass beide nicht  überzeugen ….

Die Union hat ja auch niemanden ...

… warten wir es ab.

Das Interview führte Thorsten Metzner

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