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Brandenburg: Das Kernkraftwerk Rheinsberg strahlt noch immer

Rheinsberg - Besucher des stillgelegten Kernkraftwerks (KKW) Rheinsberg müssen sich noch immer bis aufs letzte Hemd ausziehen. Damit sich keine belasteten Partikel in der Kleidung und auf der Haut festsetzen, gibt es firmeneigene Unterwäsche, Strümpfe, Schuhe, Overall, Handschuhe und einen Schutzhelm.

Rheinsberg - Besucher des stillgelegten Kernkraftwerks (KKW) Rheinsberg müssen sich noch immer bis aufs letzte Hemd ausziehen. Damit sich keine belasteten Partikel in der Kleidung und auf der Haut festsetzen, gibt es firmeneigene Unterwäsche, Strümpfe, Schuhe, Overall, Handschuhe und einen Schutzhelm. Zurück ins Freie dürfen die Besucher, genau wie die Arbeiter und Ingenieure, erst nach gründlichem Duschen und der Computeransage: „Keine Kontamination festgestellt.“

Die aufwändige Prozedur überrascht. Denn in den 14 Jahren seit der Abschaltung des 1966 in Betrieb genommenen Kraftwerkes sollte sich doch eigentlich die Strahlung bedeutend verringert haben. „Das hat sie auch“, sagte Dieter Ritscher, Geschäftsführer der Energiewerke Nord, die die beiden einzigen DDR-Kernkraftwerke bei Rheinsberg und in der Nähe von Greifswald seit der Wende führen. „Aber in dem großen Reaktordruckbehälter und im Lager befindet sich noch radioaktives Material.“

Die Demontage erfolge ganz behutsam und ohne Risiko für die rund 200 Angestellten und die Besuchergruppen. Da es sich in Rheinsberg um den ersten vollständigen Abbau eines Reaktors sowjetischer Bauart handelt, werden die Schutzkleidungen noch längere Zeit gebraucht. „Wir wünschen uns in den Jahren 2010 oder 2011 anstelle des Kraftwerkes wieder eine grüne Wiese“, erklärte Umweltminister Wolfgang Birthler (SPD) nach seinem gestrigen Besuch. Bisher kostete der Abbau des Kernkraftwerkes, das einst den Energiebedarf der Stadt Leipzig decken konnte, rund 200 Millionen Euro. Die gleiche Summe wird in den nächsten sechs bis sieben Jahren aufgebracht.

Vielleicht kommt der Abriss auch etwas billiger. „Wir sammeln täglich neue Erfahrungen", bekannte Chefplaner Friedrich Krause. „Ursprünglich wollten wir den elf Meter langen und im Durchmesser drei Meter großen Druckbehälter für den Reaktor in viele Einzelteile zerlegen. Nun aber sind wir technisch in der Lage, den gesamten Koloss zu heben und ihn mit einem dicken Schutzmantel ins Zwischenlager nach Greifswald zu transportieren.“ Dort klinge nach 50 bis 70 Jahren die Radioaktivität ab, sodass er dann ganz herkömmlich zerlegt werden könnte.

Für diese Erfahrungen interessieren sich inzwischen nicht nur Experten aus Osteuropa, sondern auch aus dem Westen. „Ingenieure aus Rheinsberg demontieren jetzt sogar russische Atom-U-Boote in Murmansk“, teilte Geschäftsführer Ritscher mit. Sie hätten sich nicht groß umstellen müssen, denn auch das KKW Rheinsberg sei ein „stehendes U-Boot“ gewesen mit gleicher Schutzkleidung für die Beschäftigen. Deutschland unterstützt die Zerlegung russischer Boote mit Kernreaktoren an Bord in den nächsten fünf Jahren mit 300 Millionen Euro.

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