zum Hauptinhalt

Brandenburg: Der Kuckuck kommt nach Oderberg

Der Landkreis Barnim droht der Stadt mit der Pfändung ihrer Konten, weil sie ihm 1,2 Millionen Euro schuldet

Oderberg Im Rathaus der Stadt Oderberg in der Schorfheide könnte bald der Gerichtsvollzieher Einzug halten. Das Landratsamt Barnim hat gegen die Gemeinde und elf weitere Orte der Region beim Innenministerium die Zwangsvollstreckung beantragt. Der Grund: Die zwölf Orte weigern sich, die so genannte Kreisumlage an den Landkreis zu zahlen. Allein Oderberg ist mit 1,2 Millionen Euro im Rückstand. Die Umlage ist eine Zwangsabgabe, aus der sich etwa ein Drittel des Kreishaushalts speist.

Sollte das Innenministerium dem Antrag folgen, könnte der Kreis die Konten der Gemeinden pfänden. „Wir prüfen den Vorgang“, bestätigt Dorothee Stacke, Sprecherin des Brandenburger Innenministeriums. „Wir hoffen aber auf eine einvernehmliche Lösung.“ Auch Brandenburgs Städte- und Gemeindebund plädiert für eine Einigung. Das Vorgehen des Landkreises sei „unangemessen“, kritisiert Vizegeschäftsführerin Monika Gordes.

Hintergrund der Auseinandersetzungen ist offenbar auch die immer schwierigere Finanzsituation vieler Kommunen. So argumentiert jedenfalls die Gemeinde Oderberg: Die Kleinstadt mit ihren 2800 Einwohnern habe inzwischen einen Schuldenberg von fünf Millionen Euro angehäuft. Im laufenden Haushalt klaffe ein Loch von zwei Millionen Euro. Die Kommunalpolitiker bestreiten dabei nicht, dass sich der Ort in den euphorischen Jahren nach 1990 übernommen hat: Etwa mit einem weiterhin kaum ausgelasteten neuen Gewerbegebiet, mit der Feuerwache, mit Kindergärten, für die heute die Kinder fehlen. „Wir müssen sehen, wie wir an unser Geld kommen“, begründet Vizelandrat Carsten Burkhardt den Schritt des Kreises. „Da bleibt jetzt eben nur noch der Gerichtsvollzieher.“ Burkhardt erwartet, dass das Geld in der Stadt eingetrieben werden kann – Oderberg also kein Pleitefall ist. Sonst hätte der Kreis die Einsetzung eines staatlichen Zwangsverwalters beantragt. „An diesem Punkt aber sind wir noch nicht“, sagt Burkhardt. Schließlich leiste sich Oderberg immer noch viele freiwillige Ausgaben, etwa ein Binnenschifffahrtsmuseum.

Dennoch erinnert der Fall Oderberg an das Fläming-Städtchen Niemegk, das vor rund einem Jahr vor der Pleite stand und die Löhne seiner Angestellten nicht mehr zahlen konnte. Inzwischen hat sich die Finanzlage Niemegks durch einen rigorosen Sparkurs entspannt, berichtet Lothar Koch, Landrat von Potsdam-Mittelmark. Niemegk habe jetzt zudem Hilfen aus dem Ausgleichsfonds für hochverschuldete Kommunen beantragt, aus dem das Innenministerium 2004 19 Kommunen mit rund 14 Millionen Euro bedachte. Seit 2001 profitierten aus diesem Not-Topf immerhin 121 Gemeinden.

Für Landrat Koch liegt das eigentliche Problem von Oderberg und Niemegk aber tiefer: Beides sind Gemeinden innerhalb eines Amtes, das für mehrere Orte die Verwaltung organisiert. Und beide nehmen „überörtliche Funktionen“ wahr – etwa mit einer Schule, einem Freibad oder Kitas, die auch den Bewohnern der umliegenden Orte dienen. Solche Gemeinden hätten es finanziell besonders schwer, sagt Koch, der darin auch einen „Geburtsfehler“ der Gemeindereform sieht: „Es rächt sich, dass man nicht im ganzen Land Großgemeinden gebildet, sondern das Ämtermodell teilweise belassen hat.“

Die Weigerung Oderbergs und der anderen elf Orte, die Kreisumlage zu zahlen, wird im Land aufmerksam verfolgt: Denn die Klage, dass die Zwangsabgabe zur Finanzierung der Landkreise in den letzten Jahren gestiegen ist, ist vielerorts zu hören. 1994 habe sie im Landesdurchschnitt noch bei 38 Prozent gelegen, 2004 waren es 43,3 Prozent, sagt Monika Gordes vom Städte- und Gemeindebund. Auch der Landesrechnungshof hat bereits auf diese Spirale hingewiesen.

Oderberg taugt dafür freilich nicht als Beispiel: Im Barnim ist die Kreisumlage mit 38 Prozent landesweit noch am niedrigsten.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false