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Brandenburg: Empörung über Lügen eines Beamten in der V-Mann-Affäre Parlamentarische Kontrollkommission verlangt Entschuldigung

des Innenministeriums – PDS fordert Rücktritt von Schönbohm

Von Frank Jansen

Potsdam. In der Affäre um den Verrat einer Polizeirazzia durch einen V-Mann des Verfassungsschutzes gerät das Innenministerium unter Druck. Mit Empörung reagierten gestern SPD und PDS auf das Ermittlungsergebnis der Potsdamer Staatsanwaltschaft, das am Donnerstag bekannt geworden war. Demnach hat ein Beamter des Verfassungsschutzes, der den Spitzel geführt hat, gleich in sechs dienstlichen Erklärungen gelogen. Diese Erklärungen hatte das Ministerium der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) vorgelegt – um zu beweisen, dass den Verfassungsschutz in der V-Mann-Affäre keine Schuld trifft.

„Ich bin in höchstem Maße entsetzt und enttäuscht, dass ich von einem Landesbediensteten eine solche Illoyalität zur Kenntnis nehmen muss“, sagte PKK-Sprecher Christoph Schulze (SPD) dem Tagesspiegel. Das Ministerium müsse sich bei der PKK entschuldigen. Schulze hatte bislang behauptet, es gebe gar keine V-Mann-Affäre. Nun sei das Vertrauen der Öffentlichkeit in die PKK erschüttert, sagte Schulze, „und das der PKK in den Verfassungsschutz“. Nach Informationen des Tagesspiegels wird die PKK vermutlich am Dienstag zusammentreten, um sich erneut mit der Affäre auseinander zu setzen. Kerstin Kaiser-Nicht, innenpolitische Sprecherin der PDS-Fraktion und Mitglied der PKK, forderte den Rücktritt von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). Außerdem sei es dringend notwendig, dass sich Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) in die Aufklärung der Affäre einschalte, „um Schaden vom Land abzuwenden“.

In den sechs dienstlichen Erklärungen hatte der Beamte stets behauptet, er habe dem rechtsextremen V-Mann Christian K. nicht den Termin der für den 17. Februar 2001 geplanten Razzia mitgeteilt. Die Staatsanwaltschaft ermittelte jedoch, dass der V-Mann-Führer dem Spitzel gesagt hatte, wann die Polizei mit einer größeren Durchsuchungsaktion gegen die rechte Szene vorgehen werde. Daraufhin warnte Christian K. am 6. Februar telefonisch den Neonazi-Anführer Sven S. Das Landeskriminalamt schnitt das Telefonat mit, die Potsdamer Polizei zog eilig die Razzia auf den 7. Februar vor. Die Beamten fanden jedoch in den Wohnungen von 19 Neonazis nur szenetypisches Material. Die erhofften Hinweise auf die Terrorgruppe „Nationale Bewegung“ blieben aus.

Schönbohm bestätigte gestern, die Aussagen des Beamten gegenüber der Staatsanwaltschaft deckten sich nicht mit den Angaben in den dienstlichen Erklärungen. Deshalb werde jetzt ein disziplinarrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Minister betonte, sein Haus habe nichts davon gewusst, dass der V-Mann-Führer den Spitzel über die geplante Razzia informierte.

PKK-Sprecher Schulze will künftig verlangen, dass dienstliche Erklärungen von Mitarbeitern des Verfassungsschutzes, die das Ministerium der Kommission vorlegt, beeidet werden müssen. Über das weitere Vorgehen in der V-Mann-Affäre sind sich die Mitglieder der PKK jedoch uneinig. Schulze wies die Forderung von Kaiser-Nicht nach Akteneinsicht als „weltfremd“ zurück. Es sei nicht zu erwarten, dass sich in den Unterlagen einer Behörde etwas Belastendes findet. „Mein Glauben an Papier war immer schon begrenzt“, sagte Schulze. Kaiser-Nicht will aber ihr Recht auf Akteneinsicht durchsetzen, notfalls auch ohne die PKK.

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