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Brandenburg: Erinnerung an deutsche Stalin-Opfer

Moskau Am 20. September 1950 sah Hans-Werner Stichling seinen Vater zum letzten Mal.

Moskau Am 20. September 1950 sah Hans-Werner Stichling seinen Vater zum letzten Mal. Zwei Männer von der sowjetischen Geheimpolizei NKWD holten den 60-Jährigen mit der Bemerkung „Nehmen Sie sich eine Decke mit, es könnte länger dauern“ aus seiner Wohnung in Guben ab. Von diesem Tag an hörte seine Familie nichts mehr von ihm. Ein Mann, der mit Otto Stichling im russischen Gefängnis in Potsdam saß, berichtete, dass dieser wegen staatsfeindlichen Verhaltens zum Tode verurteilt worden sei. Sein Verbrechen: Er hatte Aufkleber verteilt, auf denen stand: „Freiheit für die Menschen der sowjetischen Besatzungszone“. Endgültige Gewissheit erhielt die Familie erst nach der Wende vom Zentralarchiv in Moskau: Otto Stichling war am 27. Juni 1951 dort erschossen und sein Leichnam im Krematorium auf dem Donskoje-Friedhof in Moskau verbrannt worden.

Otto Stichling teilte sein Schicksal mit mehr als 900 Deutschen, die Stalin zwischen 1950 und 1953 hinrichten und auf dem Donskoje-Friedhof einäschern ließ. 200 davon lebten zuvor in Brandenburg, darunter sieben Jugendliche aus Werder. Erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs konnten das Rote Kreuz sowie Menschenrechtsorganisationen und Journalisten aus Russland die Geschichte aufarbeiten. Gestern nun weihte Bundesratspräsident Matthias Platzeck auf dem Donskoje- Friedhof einen Gedenkstein mit der Inschrift „Zur Erinnerung an die Bürger Deutschlands – Opfer der politischen Repressionen 1950–1953“ ein.

Neben vielen Angehörigen, die während der Einweihung Bilder der Ermordeten vor sich hielten, war auch Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs gekommen. Er erinnerte an den Potsdamer Bürgermeister Erwin Köhler, der 1951 ebenfalls in Moskau erschossen und in Donskoje bestattet wurde. Köhler gehörte der CDU an, hatte gegen die Nazis gekämpft und wurde mit seiner Frau hingerichtet, weil er sich gegen die Vereinnahmung der Blockparteien durch die SED wehrte. Sein Sohn sagte gestern in Moskau: „Man kann die Zeit nicht zurückdrehen. Aber man kann wenigstens dafür sorgen, dass das alles nicht vergessen wird.“ das

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