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Brandenburg: "Es ging nicht um Vergeltung"

Berüchtigte Gefängniswärter wie "Roter Terror", Rechtsbeugung bei Ausreisewilligen oder Todesstrafen für Bagatelldelikte - die Aufarbeitung von DDR-Unrecht in Brandenburg hatte viele Facetten. Rund 23 300 Verfahren musste die Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Neuruppin bearbeiten, darunter allein mehr als 19 000 Fälle zum Verdacht der Rechtsbeugung - begangen von Richtern und Staatsanwälten im Osten Deutschlands.

Berüchtigte Gefängniswärter wie "Roter Terror", Rechtsbeugung bei Ausreisewilligen oder Todesstrafen für Bagatelldelikte - die Aufarbeitung von DDR-Unrecht in Brandenburg hatte viele Facetten. Rund 23 300 Verfahren musste die Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Neuruppin bearbeiten, darunter allein mehr als 19 000 Fälle zum Verdacht der Rechtsbeugung - begangen von Richtern und Staatsanwälten im Osten Deutschlands. Rund neun Jahre lang beschäftigten sich die Ermittler mit diesen Sachverhalten - nun konnten sie auch die letzten Akten schließen.

"Die rechtliche Aufarbeitung des DDR-Unrechts in Brandenburg ist aus unserer Sicht gelungen, alle Verfahren konnten angemessen zu Ende gebracht werden", sagt der Leitende Oberstaatsanwalt von Neuruppin, Gerd Schnittcher. Allerdings: Ob die recht wenigen Verurteilungen für die Opfer eine Genugtuung sind, könne er nicht sagen. "Aber es ging ja auch nicht um Vergeltung, denn davon kann angesichts der oft mehr als 20 Jahre zurück liegenden Taten auch keine Rede sein." Nicht selten sei er überrascht gewesen, dass Opfer die Taten gar nicht mehr "so scharf" sahen.

Dennoch brach es sicher nicht selten - wie bei einem Rechtsbeugungsprozess in Potsdam - aus Betroffenen heraus: "Das Urteil ist eine Verhöhnung der Opfer, und nimmt ihnen nochmals die Würde." So beklagte im August 2000 ein Sprecher vom Bürgerbüro e.V. Verein zur Aufarbeitung von Folgeschäden der SED-Diktatur mehrere Freisprüche.

Dagegen musste die Staatsanwaltschaft 10 000 der 19 000 Einzelverfahren wegen mangelnden Anfangsverdachts und weitere rund 5500 im Zuge der Ermittlungen einstellen. Nach Angaben des Leiters der Schwerpunktstaatsanwaltschaft, Christian Jacoby, kam es zu 28 Anklagen in insgesamt 200 bis 300 Fällen gegen 32 Beschuldigte. 17 Angeklagte erhielten Freiheitsstrafen mit Bewährung, 7 wurden freigesprochen, der Rest endete mit Einstellung. Wegen der Todesschüsse an der innerdeutschen Grenze waren 39 Mauerschützen sowie 11 ehemalige Offiziere angeklagt worden. Die Gerichte sprachen dabei einen Ex-Grenzer wegen Mordes schuldig und verhängten 10 Jahre Freiheitsstrafe. "Meines Wissens nach ist dies die höchste Strafe in Sachen DDR-Unrecht überhaupt", sagt Jacoby.

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