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Extremismus: Gesinnungsprüfung für Bürgermeisterkandidaten

SPD-Fraktionschef Günther Baaske fordert, dass Bewerber ihre Verfassungstreue erklären sollen. Er nennt das "Demokratie-Check". Andere erinnert es an den Radikalenerlass.

Von Sandra Dassler

Die Idee ist einfach und trotzdem problematisch: Um zu verhindern, dass Neonazis oder ihre Sympathisanten in Brandenburg zu Bürgermeistern gewählt werden, sollen Kandidaten künftig schon vor der Wahl auf ihre Verfassungstreue überprüft werden. "Demokratie- Check" nennt das SPD-Landtagsfraktionschef Günter Baaske, der wie berichtet einen entsprechenden Vorschlag an Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) erneuerte. Für den Berliner Verwaltungsrechtler Ulrich Battis dagegen handelt es sich um "politischen Aktionismus, der an den Radikalenerlass der 70er Jahre erinnert".

Baaske orientiert sich an Mecklenburg- Vorpommern, das den "Demokratie- Check" bereits eingeführt hat. Mit Blick auf die im Juni 2009 anstehenden Kommunalwahlen hat Landesinnenminister Lorenz Caffier (CDU) per Erlass festgelegt, dass zur Wahl der ehren- und hauptamtlichen Bürgermeister und Landräte nur Kandidaten zugelassen werden, die zuvor ein schriftliches Bekenntnis ablegen. In diesem heißt es unter anderem: "Ich versichere ausdrücklich, dass ich in keiner Weise Bestrebungen unterstützt habe oder unterstützen werde, deren Ziele gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet sind … Ich erkläre weiterhin, dass ich nicht Mitglied in einer Partei oder sonstigen Gruppierung mit einer der Verfassungsordnung widersprechenden Zielsetzung bin."

Pläne "formal machbar"

Doch Innenminister Caffier belässt es nicht bei dem Bekenntnis. Er möchte auch, dass künftig die Wahlausschüsse die Kandidaten überprüfen und bei "berechtigten Zweifeln an der Verfassungstreue der Bewerber" Auskünfte vom Verfassungsschutz anfordern können. Dazu will er das Kommunalwahlgesetz ändern, am 28. Januar soll der Landtag entscheiden. Ulrich Battis, der in Schwerin als Sachverständiger gehört wurde, hält die Pläne für "formal machbar", gleichwohl aber für "wenig sinnvoll und verfassungsrechtlich fragwürdig". "Haupt- und ehrenamtliche Bürgermeister werden nach ihrer Wahl ohnehin auf das Grundgesetz vereidigt", sagt er. Eine Erklärung im Vorfeld zu verlangen, widerspräche der Unschuldsvermutung und wäre möglicherweise auch nicht rechtlich bindend.

Der Potsdamer Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Josef Mayer, sieht das ähnlich. Eine Einschätzung oder eine Prognose darüber, ob sich ein Wahlbeamter verfassungstreu verhalte, könnten laut Beamtenrecht nur die jeweiligen Dienstherren, also die Stadt- oder Gemeindeparlamente treffen, sagt er: "Keineswegs kann eine solche Prüfung durch Wahlausschüsse vorgenommen werden."

Mayer und Battis stehen daher auch der Initiative von Brandenburgs SPD-Fraktionschef Baaske sehr skeptisch gegenüber. Solange die NPD nicht verboten sei, könne man ihre Mitglieder auch nicht von demokratischen Wahlen ausschließen.

Selbst Parteifreunde gehen auf Distanz

Baaske hingegen verweist auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald, das eine Klage von NPD-Mitgliedern, die im vergangenen Jahr von Landrats- und OB- Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern ausgeschlossen worden waren, abgewiesen hatte. Dass dies vor höheren Instanzen oder gar vor dem Verfassungsgericht Bestand hat, bezweifeln allerdings viele.

Auch Brandenburgs Innenminister Schönbohm sieht Baaskes Vorschlag skeptisch. Man werde prüfen, ob das juristisch machbar sei, hieß es aus dem Innenministerium. Allerdings halte man die politische Auseinandersetzung mit Rechtsextremen für den besseren Weg.

Selbst Parteifreunde von Baaske gehen auf Distanz. "In der Praxis ist das nicht durchsetzbar", sagt Dieter Friese (SPD), Landrat von Spree-Neiße: "Entweder ist die NPD verfassungsfeindlich und verboten oder nicht. Außerdem macht man mit einer solchen Gewissensprüfung die Neonazis nur zu Märtyrern. Die bekommen dadurch noch mehr Aufmerksamkeit."

Baaske ist überzeugt von seinem Vorschlag

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hält sich in Sachen "Demokratie- Check" bedeckt. Die Idee sei "gut gemeint, aber praktisch und juristisch nicht umsetzbar" heißt es in seinem Umfeld.

Günter Baaske aber ist nach wie vor überzeugt von seinem Vorschlag. Leuten, deren ausdrückliches Ziel die Abschaffung der Demokratie sei, müsse man die Teilnahme an Wahlen verbieten, sagt er: "Warum ist denn die Weimarer Republik gescheitert? Weil die vielen Gutmenschen verhindert haben, dass sie sich gegen ihre Feinde wehrte." Deshalb befürwortet Baaske nicht nur den Demokratie- Check, sondern auch die Überprüfung von Bürgermeister-Kandidaten durch den Verfassungsschutz. Hat er keine Bedenken, dass dabei möglicherweise demokratische Prinzipien außer Kraft gesetzt werden müssten? "Nein", sagt er: "Wenn es um die Rettung der Demokratie, um den Kampf gegen Nazis geht, würde mir das nicht schwerfallen."

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