zum Hauptinhalt

Brandenburg: Fall Ermyas M.: Alibi für den Hauptangeklagten

Björn L. wird durch Freund der Mutter entlastet. Ehemaliger Zellennachbar kommt in Beugehaft

Potsdam - Im Prozess um die Attacke auf den in Äthiopien geborenen Ermyas M. bekam der Hauptangeklagte Björn L. gestern ein Alibi ausgestellt: Hans-Jörg Sch., der Lebensgefährte seiner Mutter, sagte vor dem Potsdamer Landgericht, er habe den 29-Jährigen in der Nacht zum Ostersonntag 2006 nach 24 Uhr im Bett liegend angetroffen. Björn L. habe fest geschlafen und auch später das Haus nicht mehr verlassen. Der 61-jährige Sch. erklärte im Zeugenstand, er wäre wach geworden, wenn Björn L. in dieser Nacht weggegangen wäre: „Da hätten die Hunde gebellt.“

Björn L. wird vorgeworfen, den 38-jährigen Wasserbau-Ingenieur Ermyas M. in der Nacht zum 16. April 2006 nach einem vorangegangenen Streit mit einem wuchtigen Faustschlag schwer verletzt zu haben. Er war durch seine piepsige Stimme in Verdacht geraten. Eine solche Stimme ist mit den Worten „Hey Nigger“ und „Oller Nigger“ auf einem Telefonmitschnitt zu hören, der kurz vor der Tat aufgezeichnet wurde. Der Mitangeklagte Thomas M. (31) ist wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt.

Schon verurteilt wegen unterlassener Hilfeleistung wurde der 21-jährige Benjamin W., der gestern ebenfalls als Zeuge aussagte. Er schilderte, dass er bemerkt habe, wie drei Männer stritten. Zwei hätten dann von Ermyas M. „abgelassen“ und seien weggegangen. Dieser sei ihnen gefolgt und habe mit der rechten Hand eine Schlagbewegung ausgeführt. „Der eine hat sich daraufhin umgedreht und ihm mit der Faust direkt ins Gesicht geschlagen. Ermyas M. ist zu Boden gestürzt, wo er regungslos liegen blieb. Der andere Täter hat ihm dann das Handy weggetreten.“

Dass Ermyas M. nach den beiden Männern getreten hat, wie es am Mittwoch ein anderer Augenzeuge aussagte, hat der 21-jährige Benjamin W. nicht gesehen. Er hat auch weder Polizei noch Krankenwagen informiert, sondern ist einfach in Richtung Stadt weitergegangen. Nach Aussagen der Staatsanwaltschaft wurde deshalb gegen ihn eine Geldstrafe verhängt.

Als Zeugen sagten gestern auch mehrere Ärzte und eine Gutachterin aus. Sie bestätigten, dass die durch den Schlag entstandenen Hirnverletzungen ohne medizinische Versorgung und Notoperation zum Tod von Ermyas M. geführt hätten.

In Handschellen wurde der 28-jährige Christian P. in den Gerichtssaal geführt. Er gilt als einer der wichtigsten Zeugen der Staatsanwaltschaft. Ihm soll der angeklagte Björn L. in der Untersuchungshaft über die Auseinandersetzung mit Ermyas M. sinngemäß gesagt haben: „Hätt’ ich doch nur richtig zugetreten ...“ Christian P. verweigerte gestern die Aussage. Als Begründung sagte er: „Die vergangenen Monate waren zu krass. Der ehemalige Anwalt von Björn L. hat meine Adresse an Mitgefangene weitergegeben, ich mache keine Angaben mehr.“

Prozessbeteiligte vermuten, dass Christian P., der zurzeit eine Haftstrafe wegen Körperverletzung verbüßt, Drohungen von Mithäftlingen oder sogar aus der rechten Szene erhalten hat. Als der Richter ihm Beugehaft androhte, sagte Christian P. „Ick sitz’ doch schon im Knast.“ Seine Haft wird sich nun allerdings zunächst um einen Monat Beugehaft verlängern. Sollte P. dann nicht aussagen, kann das Gericht diese nochmals verlängern. Der Prozess wird am nächsten Mittwoch fortgesetzt.

Sandra Daßler

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false