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Spätschicht. Schon am Montag demonstrierten die Friedrichshagener – heute geht es weiter.

© dpa

Flugrouten-Streit: Friedrichshagen gibt die Hoffnung nicht auf

"Wir stecken den Kopf jetzt nicht in den Sand". Wie die Entscheidung am Müggelsee bewertet wird.

Selten hat der über dem Friedrichshagener Marktplatz thronende Alte Fritz wohl so viel Zustimmung erfahren. Ein Zettel, der zwischen den Geburtstagsblumen zum 300. liegt, lässt die Passanten am Mittwoch immer wieder zum Denkmal aufblicken. „Schlaf und Hoffnung sind die beiden Beruhigungsmittel, welche die Natur der Menschheit gab, um ihr die Mühseligkeiten, welche sie erfährt, erträglich zu machen“, steht auf dem Zettel. Natürlich ein Zitat des Hohenzollern, der Friedrichshagen 1753 gegründet hatte. Die Bewohner beziehen den Satz natürlich auf die Flugrouten. „Schlaf und Hoffnung sollen uns endgültig genommen werden“, lautet ein Satz, der immer wieder in den Menschengruppen fällt, die zwischen Denkmal und Bratwurststand zusammenstehen.

Einige Anwohner drücken ihre Stimmung auch drastisch aus. „Wir sind belogen und betrogen worden“, sagt die 64-jährige Gertrud Sibke. „Bis vor einem Dreivierteljahr wussten wir doch noch gar nicht, dass die Maschinen aus Schönefeld über uns hinwegdonnern würden.“ Sofort erinnern Umherstehende an die bislang 30 Montagsdemonstrationen seit dem vergangenen April oder die Menschenkette rund um den Müggelsee Ende August. „Wir machen weiter“, lautet die einhellige Meinung. Schon am Donnerstagabend findet am Fuße des Friedrichsdenkmals die nächste Kundgebung der Bürgerinitiative Friedrichshagen statt.

„Wir stecken den Kopf jetzt nicht in den Sand“, versichert denn auch Corinna Ludwig vom Sprecherrat der Bürgerinitiative. „Nach dem ganzen Hin und Her der vergangenen Wochen mussten wir mit der Entscheidung für die alten Flugrouten rechnen. Deshalb wirft uns jetzt die Entscheidung der Flugsicherung nicht um.“ Wie zum Trotz weist sie auf ein in ganz Friedrichshagen hängendes Plakat hin. „Gegen Fluglärm! Gemeinsam schaffen wir es!“, steht da geschrieben. Der Optimismus sei jedenfalls nicht verflogen.

Dennoch ist neben der Zuversicht auch die große Enttäuschung vieler Friedrichshagener nicht zu überhören. „Politiker und Behörden haben immer wieder versprochen, sich um unsere Sorgen zu kümmern“, sagt Steffen Großkopf. „Viele Leute haben gerade nach den Erfahrungen vor 1989 daran geglaubt und sind jetzt natürlich ziemlich sauer.“

Konkrete wirtschaftliche Einbußen befürchtet Regina Menzel, Unternehmerin und Chefin der örtlichen Werbegemeinschaft. „Vor allem die 170 Geschäfte und Restaurants können nicht allein von den Friedrichhagenern existieren.“ Die Haupteinkaufsstraße lebe gerade im Sommer von den vielen Ausflüglern, die jetzt wohl nicht mehr so zahlreich kommen würden. Schließlich breite sich der Lärm der Maschinen, die über den nahgelegenen Müggelsee fliegen, in ganz Friedrichshagen aus, sagt Menzel.

In ihrem Ärger sprechen einige Passanten auch die vermeintliche Benachteiligung des Ostens gegenüber dem Westen an. „Wowereit hat Wannsee und Lichtenrade ihre Ruhe gesichert, bei uns hat er sich nie blicken lassen“, sagt ein älterer Mann, und fügt hinzu: „Wir sind eben die Verlierer.“

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